Der von der Regierung eingereichte Dekretentwurf hatte nach einer Anhörung von Akteuren auf dem Terrain gründlich überholt werden müssen - unter Dazutun der Gesellschaft für Öffentlichen Wohnungsbau in Ostbelgien (ÖWOB).
Öffentlicher Wohnungsbau: "Bessere soziale Durchmischung"
Kernstück ist die Vergabe von Wohnungen: Über Kriterien wie die lokale Anbindung und den mittleren Wohnungsbau soll eine "bessere soziale Durchmischung" erreicht werden.
Kürzere Verträge sollen helfen, Fälle von Fehlbelegung zu verringern. Sozialreferenten und Hausmeister sollen die Mieter begleiten und Nachbarschaftsstreitigkeiten vorbeugen. Im Sinne der Integration wird von den Mietern verlangt, dass sie Grundkenntnisse der deutschen oder französischen Sprache nachweisen können. Arbeitslose sollen beim Arbeitsamt angemeldet sein.
Unter noch zu definierenden Bedingungen will die Regierung schließlich auch Privathaushalten dabei helfen können, ein Hypothekendarlehen für den Bau oder den Ankauf eines ersten Eigenheims zu erhalten. Hier witterte die Opposition, insbesondere Freddy Mockel (Ecolo), ein Wahlkampfversprechen.
Abgeordnete geben sich einen Deontologiekodex
Die PDG-Abgeordneten befanden auch über sich selbst beziehungsweise über die Vertreter, die in die verschiedenen Verwaltungsräte von öffentlichen Einrichtungen entsendet werden.
Die Abgeordneten müssen sich an ethische und moralische Vorgaben halten und Interessenkonflikte vermeiden. Dazu wurde ein Deontologiekodex eingeführt, der am 1. Januar 2025 in Kraft treten soll.
Vertreter in Verwaltungsräten sollen abberufen werden können, "insofern sie ihre Verantwortung nicht korrekt wahrnehmen". Die Verantwortung werde nicht korrekt wahrgenommen, "wenn schwerwiegende Fehler begangen werden oder wenn grobes Fehlverhalten zu erkennen ist".
In der Regel würden demnach "folgende Fehler oder folgendes Verhalten als verwerflich betrachtet: Unehrlichkeit, nicht vertrauenswürdiges Verhalten, Missachtung der Geheimhaltungspflicht, Verbreitung von Fake News und Desinformationen, Aggressivität (auch verbal - Hatespeech), Diebstahl, Machtmissbrauch, Manipulation öffentlicher Auftragsvergabe usw. Damit ein Fehler oder Fehlverhalten unumstößlich eine Abberufung zur Folge haben darf, muss dieser bzw. dieses aber als grob bzw. als schwerwiegend eingestuft werden."
Facebook-Posts von Pascale Baudimont der Anlass
Anlass für das Parlament, sich "seit mehr als zwei Jahren" mit dem Thema "Verantwortung der Politik im Netz" zu befassen, waren Facebook-Posts der Vivant-Vertreterin im BRF-Verwaltungsrat, Pascale Baudimont, im Frühjahr 2021. Sie hatte darin einen Zusammenhang hergestellt zwischen der Impfung gegen Covid19 und dem Holocaust und diesen damit verharmlost. Neben dem BRF-Verwaltungsrat hatten sich unter anderem Politiker im PDG von diesen Postings distanziert, konnten aber aus damaliger Sicht nicht mehr tun.
Pascale Baudimont selbst oder die Vivant-Fraktion, die sie entsandt hatte, sahen keinen Anlass, sie abzuberufen. Genau das soll künftig also auch dem Parlament möglich sein - nach vorheriger Anhörung und mit einer Zweidrittelmehrheit, worauf Vivant bestanden hatte. Zum Punkt der Abberufung enthielt sich die Fraktion auch jetzt der Stimme.
Während Michael Balter, ohne in der Diskussion genauer auf die Posts einzugehen, von einem "sehr komplexen Thema" sprach und die "Frage nach den Grenzen der Meinungsfreiheit" anführte, stellte unter anderem Freddy Mockel klar, dass es im vorliegenden Fall nicht um eine "andere Ansicht" gegangen sei, sondern dass der "Auslöser die inakzeptable Relativierung des Holocaust war" - was zu spontanem Applaus im Plenum führte. Gregor Freches (PFF) fügte später an die Adresse von Michael Balter hinzu: "Ich hätte mehr Mut von Ihnen erwartet."
Resolution: Knöllchen künftig auf Deutsch
In einer Resolution hat das PDG die entsprechenden Instanzen aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Verkehrsprotokolle in deutscher Sprache ausgestellt werden - oder zumindest systematisch eine deutsche Übersetzung beigefügt wird.
Hintergrund ist, dass die Bußgeldstelle in Namur auch die Protokolle für Verkehrsdelikte in der Deutschsprachigen Gemeinschaft auf Französisch abfasst. Eine Klage dagegen hatte zuletzt vor Gericht Erfolg. Von einer eigenen Bußgeldstelle für die Deutschsprachige Gemeinschaft ist in der Resolution übrigens nicht die Rede - Vivant und Ecolo sprachen sich auch ausdrücklich dagegen aus.
Ursprünglich war die Resolution auch an die beiden lokalen Polizeizonen Eifel und Weser-Göhl sowie an die Zonenräte gerichtet. Die Eupener Staatsanwaltschaft und der Eifeler Zonenchef hatten in ihren Stellungnahmen darauf aufmerksam gemacht, dass im Sinne der Gewaltenteilung die Polizei nicht direkt vom Parlament zu Handlungen aufgefordert werden könne.
Zusammenarbeit beim Opferbeistand
Das PDG hat auch ein Zusammenarbeitsabkommen mit dem Föderalstaat über den Opferbeistand gebilligt. Mit der sechsten Staatsreform war der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Opferbetreuung als Zuständigkeit der Justizhäuser übertragen worden.
Angestrebt wird, dass die unterschiedlichen Ebenen strukturell zusammenarbeiten, um "den Opfern eine perfekt koordinierte Qualitätsbetreuung zu bieten". Das soll helfen, eine einheitliche Politik auf diesem Gebiet sicherzustellen.
Die letzte Plenarsitzung des PDG in dieser Legislaturperiode steht schon am Mittwoch (um 17 Uhr) auf dem Programm.
Stephan Pesch
Bzgl. Öffentl. Wohnungsbau
Leider kommen diese Maßnahmen zu spät. Der Zug ist längst abgefahren. "Problemmietern" zu kündigen ist nicht/kaum umsetzbar, da oft Sozialfälle, Familie mit Kindern etc.
Wir erleben die Probleme und stellen uns Fragen. Wohnungen werden unterwohnt, vernachlässigt, Regeln missachtet, Integration Fehlanzeige, Höflichkeit etc. Ein "Luxusauto" zu fahren ist Alltag. Von welchem Einkommen? Sozialleistungen? Probleme haufenweise.
Es gibt Ausnahmen, wenn auch (zu)wenige.
Schön, dass der Herr Mockel von Écolo das Relativieren des Holocaust ablehnt. Dieser Haltung kann man sich nur anschließen. Es würde mich sehr freuen, wenn man sich auch von der Anti-israelischen Stimmungsmache, wie Boykottaufrufe der linken Parteien PS, Ecolo und PTB distanzieren würde. Denn dieser Umstand hat viele jüdische Mitbürger verängstigt.
Kann man denn jetzt ein Knöllchen in französischer Sprache wegwerfen ?
..."In der Regel würden demnach "folgende Fehler oder folgendes Verhalten als verwerflich betrachtet : .... Diebstahl..."
Wenn Diebstahl keine Straftat mehr ist, soll das doch bitteschön auch für jeden Bürger gelten, denn laut Verfassung sind ja alle Bürger gleich und so zu behandeln ! ...oder etwa nicht ? Warum genehmigen die unseren sich eine Extrawurst, oder taugt der Eid auf die Verfassung nicht und ist nur Fake ? Auf EU Ebene gibt es die Vorgabe 'Kodex für gute Verwaltung", der wird auch nicht eingehalten... , bzw man missbraucht ihn um sich den Bürger vom Halse zu halten ! Erklärt das mal den Wählern !
"Es würde mich sehr freuen, wenn man sich auch von der Anti-israelischen Stimmungsmache, wie Boykottaufrufe der linken Parteien PS, Ecolo und PTB distanzieren würde."
Hier kommen zwei unterschiedliche Sachen zusammen. Antisemitismus in der EU muss bekämpft werden, Israel hat das Recht auf Physische Existenz.
Gleichzeitig versuchen die politisch links eingeordneten Gruppierungen zurecht, den Machtmißbrauch, den in Israel das Rechtsextremistische Regime treibt, unter Kontrolle zu bekommen. Vollkommen zurecht, weil wir schon im Interesse aller friedlich gesinnten Zivilisten aus dem Jüdischen Raum niemals dieses Regime noch weiter dulden dürfen. Jordanier und Palistinenser haben ebenfalls ein Recht auf ein Leben in Frieden und Sicherheit.
#MSE, was kann die Europäische Zivilgesellschaft jetzt tun? Gucken wie man ein Regime à la Putin oder Netanyahu wirtschaftlich isoliert bekommt ohne dass der Zivilbevoelkerung schwerer Schaden entsteht.
De Croo bezog in dieser Sache bereits Vernünftig Stellung. Militärisch kann man nichts tun, doch man kann z.B. Waffenexporte an Kriegsverbrecher verbieten.
In Zukunft wird es also möglich sein, mit einer Zweidrittelmehrheit ein Verwaltungsratsmitglied abzuberufen. Dann wird der Plenarsaal zum Gerichtssaal. Das ist doch sehr bedenklich. Eine Abberufung nach einem richterlichen Urteil ist in Ordnung. Da ist die Sache klar. Aber ohne Urteil muss der PDG die Sachlage prüfen. Da spielen objektive Gesichtspunkte nicht immer eine Rolle. Es könnte zu Fehlentscheidungen kommen und der oder die betroffene könnte dann vor Gericht gehen.
Nachtrag :
Frau Baudimont wurde meines Wissens nach nicht verurteilt von einem ordentlichen Gericht wegen ihres Verhaltens. Also ist sie unschuldig. Warum haben die empörten Moralapostel der anderen Fraktionen keine Anzeige erstattet ? Dann wäre die Sachlage klar. Für mich ist Empörung kein Grund jemanden aus einem Verwaltungsrat zu entfernen. Ein richterlichen Urteil ist die beste Grundlage.