Seit fünf Jahren bietet das Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft ein individuelles Kompetenz-Coaching an. Mithilfe des sogenannten "ProfilPasses" werden Teilnehmer individuell angeleitet, um sich ihre eigenen Stärken zu erarbeiten - aber auch Wünsche und Visionen zu entwickeln.
Zielgruppe sind Erwachsene in beruflichen Umbruchphasen. "Kann ich, was ich mache - mache ich, was ich kann?" In einer solchen Phase war auch Alice Loo. "Ich saß eigentlich fest im Sattel, als Kindergärtnerin angestellt bei der Gemeinde Raeren und arbeitete in Hauset. Ich ging auf die 54 zu und es hat sich mir wirklich die Frage aufgedrängt: Bin ich noch stimmig an diesem Arbeitsplatz? Möchte ich die nächsten zehn Jahre noch hier arbeiten als Kindergärtnerin? Oder ersehne ich mir nochmal eine berufliche Veränderung?"
Neue berufliche Ziele formulieren
Ziel ist es, die eigenen Kompetenzen sichtbar zu machen und dann neue berufliche Ziele zu formulieren. Dazu steht den Teilnehmern während fünf Einzelterminen Christina Schimanski als Trainerin zur Verfügung. "Zunächst gehen wir in eine Vogelperspektive über das Leben. Wie sieht da die Gesamtdynamik aus? Wir machen ein Stück weit Biographie-Arbeit. Dann zoomen wir im Grunde auf bestimmte einzelne Ereignisse und schauen uns genau an, was da war und welche Kompetenzen ich mir da angeeignet habe. Dann öffnen wir das Ganze und schauen auf Basis des ProfilPasses, welche beruflichen Möglichkeiten ich habe, die im Einklang stehen mit meinen Werten, mit meinen Interessen, mit meinen Kompetenzen."
Auch der 31 Jahre alte Daniel Beckers hat den "ProfilPass" genutzt. Ihm wurde das Coaching vom Arbeitgeber angeboten - freiwillig, natürlich. "Was mir sehr gut gefallen hat an dem ProfilPass war die Tatsache, dass wir uns nicht nur auf rein akademische oder schulische Kompetenzen gestützt haben, sondern wir auch darüber hinaus geschaut haben, was ich vielleicht im privaten Bereich erworben habe oder durch die Berufserfahrung. Das ganzheitliche Profil, das war für mich so der Schlüsselpunkt des ProfilPasses."
Die Teilnahme ist kostenlos. Voraussetzung ist, dass man mindestens 18 Jahre alt ist, in einer der deutschsprachigen Gemeinden lebt und Deutsch oder Französisch spricht. Neben einem Arbeitsbuch, mit dem gearbeitet wird, gibt es auch Hausaufgaben. Etwas Zeit sollte man also schon investieren wollen.
Für Alice Loo hat sich der ProfilPass gelohnt. Sie hat sich nach einem Jahr Auszeit beruflich umorientiert - auch mit Mitte 50. "Der ProfilPass hat mich tatsächlich noch einmal zu einem neuen Beruf geführt. Ich habe damals bei der Erarbeitung diverse Visionen gesponnen und entwickelt. Davon habe ich einiges umgesetzt. So habe ich zum Beispiel eine nebenberufliche Tätigkeit. Ich habe im Garten einen Bauwagen, in dem ich mit Kindern arbeite, die Lernschwierigkeiten haben. Und ich arbeite in einer anderen Schule in einer ganz neuen Funktion."
Gudrun Hunold