Seit dem 1. Januar 2023 ersetzt das Pflegegeld der Deutschsprachigen Gemeinschaft die föderale Beihilfe zur Unterstützung betagter Personen. Es war eine grundlegende Reform, die in dieser Form beispiellos ist in Belgien. Hintergrund dafür war, dass immer weniger Senioren diese Beihilfe erhielten - obwohl es eigentlich immer mehr mit einem Bedarf gab.
"Es ist die Zielsetzung gewesen, dass wir das selbstbestimmte Leben fördern wollen", erklärt Minister Antonios Antoniadis. "Wir möchten, dass die Menschen länger zu Hause verweilen, zum Beispiel. Aber dann müssen wir ihnen auch helfen und sie in die Lage versetzen, das zu tun. Wenn altersbedingt der Pflegebedarf da ist, dann ist es unsere Pflicht und unsere Aufgabe, die Menschen dabei zu unterstützen, so lange wie möglich autonom leben zu können."
Über sechs Millionen Euro lässt sich die DG das kosten. Wer heute Pflegegeld beantragt, der muss keinen Einkommensnachweis mehr abliefern oder extra zum Arzt. Das Pflegegeld wird unabhängig vom Einkommen gezahlt.
Grundlage ist nun ein Screening durch die Dienststelle für selbstbestimmtes Leben (DSL). Bei einem Hausbesuch wird nach einem festgelegten Kriterienraster beurteilt, wie hoch der individuelle Unterstützungbedarf ist. Danach wird die Pflegegeldkategorie bestimmt. Wer finanziell bedürftig ist, erhält noch einen Sozialzuschlag.
Giovanna Scholl ist eine von knapp 2.200 Senioren in der DG, die heute Pflegegeld erhalten. Bis zu zwölf Tabletten benötigt sie am Tag - das geht ins Geld. Das Pflegegeld ist für sie daher vor allem eines: "eine Beruhigung, weil ich sonst immer rechnen musste, ob ich bis zum Ende des Monats genug hatte für meine Medikamente. Von da an ging alles wunderbar. Ich muss keine Ängste mehr haben. Das geht viel, viel besser so. Ich bin dankbar für diese Hilfe."
Auch Sohn Patrick ist beruhigter. Er findet es richtig, dass nicht nach den finanziellen Möglichkeiten seiner Eltern geschaut wird, sondern nach ihrem Bedarf. "Meine Eltern haben beide immer gearbeitet. Ich sag mal, wir sind Mittelständler. Und dieses System ist jetzt auch mal für den Mittelstand offen. Weil es vom Einkommen abgekoppelt und nur auf den Bedarf festgelegt wird. Somit konnte meine Mutter den Antrag stellen, hat ihn auch gewährt bekommen. Und das finde ich eine super Sache."
Giovannas Unterstützungsbedarf wird steigen, das ist klar. Damit steigt dann auch das Pflegegeld. Das nimmt nicht alle Sorgen, lässt aber etwas beruhigter in die Zukunft blicken.
Gudrun Hunold