Auf der großen Bühne des Eupener Jünglingshauses präsentiert Paola Vigano am Freitagabend sachlich und klar das wissenschaftliche Strategieschema für das Wesertal. Sie beginnt damit, dass wir die Hochwasserkatastrophe in 2021 für einen Wandel auf allen Ebenen nutzen müssen. Dazu gehören sicherlich die Gemeinden und ihre übergeordneten Behörden wie die Gemeinschaft und die Region. Dazu gehören aber auch Waldbesitzer, Landwirte, Architekten, der öffentliche Nahverkehr und jeder einzelne Bürger. Wichtig sei, jetzt Schritte in die richtige Richtung zu gehen, sagt Vigano. Und das seien alles Maßnahmen, die dazu beitragen, weniger Fläche zu versiegeln, mehr Grünflächen zu schaffen und Regenwasser zu sammeln.
Die Strategie für einen Hochwasserschutz im Wesertal geht davon aus, dass bestehende Wohn- und Industriegebiete bestehen bleiben. Es gilt auch, das kulturhistorische Erbe zu bewahren. Während der Industrialisierung haben die Unternehmen und ihre Arbeiter die Ufernähe gesucht. Das Kabelwerk ist dafür ein Paradebeispiel. Dennoch Freiflächen zu schaffen, wo immer es geht - das ist die Herausforderung, vor der auch die Stadt Eupen steht.
"Die spezielle Herausforderung ist, dass wir wissen, dass wir uns anpassen müssen, aber natürlich in einem lebendigen Kontext leben und in Realitäten verankert sind", sagt Eupens Bürgermeisterin Claudia Niessen. "Das heißt, eine Bebauung zu haben, ein Leben in der Unterstadt zu haben, eine Wirtschaft, die pulsiert in der Unterstadt. Die Herausforderung ist, in diesem Kontext Schrittchen für Schrittchen eben diese Anpassungsmaßnahmen durchzuführen, den Umbruch zu schaffen, ohne einen großen Cut zu machen."
Als Beispiel sei das Hohe Venn genannt. Zu viele Fichtenpflanzungen in den letzten Jahrzehnten haben dort dazu geführt, dass die Schwammwirkung des Moores nachgelassen hat. Die Umstellung auf Laubwald hat begonnen, ist aber keine schnelle Lösung.
Sicher: Das Management der Wesertalsperre muss verbessert werden. Ein Thema, das die Besucher am Freitagabend nach wie vor beschäftigt. Aber nur hier den Buhmann zu suchen, wäre zu kurz gesprungen. Eine wichtige Stellschraube ist der Sektorenplan. Viele Gebiete, die heute noch im Sektorenplan zur Bebauung ausgewiesen sind, müssten Grünflächen bleiben. Hier setzt auch die Stadt Eupen an.
"Für Eupen nenne ich immer als sehr prägnantes Beispiel auch das Tal in Nispert, das sogenannte Obachtal, was im Sektorenplan Bauland ist. Wir haben in 2021 erlebt, dass auch Nispert und dass auch die Oberstadt geflutet war, und dass dieses Tal einen enormen Mehrwert an Rückstau gebracht hat", so Bürgermeisterin Claudia Niessen. "Wir wissen, dass es im Sektorenplan Bauland ist. Aber eigentlich denken wir, dass es ein Unding wäre, wenn man tatsächlich da bauen würde. Und das sind so Elemente, wo wir sehr, sehr wachsam geworden sind und uns ganz genau angeschaut haben - jetzt auch mit der Studie - wo es sinnvoll ist, noch zu bebauen, wo man verdichten kann und wo auch in Eupen auf gar keinen Fall weiter gebaut werden darf."
Alles, was in der Oberstadt versiegelt wird, trägt dazu bei, dass mehr Wasser in die kleinen Bäche und schließlich in die Weser fließt - und damit in der Folge auch nach Baelen und Lüttich. Solidarität ist gefragt - unabhängig von Zuständigkeiten und Verwaltungseinheiten. "Ich denke, jeder hat so seine Verantwortung zu tragen. Das ist nicht nur die Unterstadt, das ist auch die Oberstadt. Es ist die Bebauung allgemein und der Umgang mit der Fläche, wo wir unseren Schwerpunkt auch setzen möchten", so Niessen.
Nicht zuletzt, sagt Expertin Paola Vigano, brauchen wir eine Risikokultur. Niemand war vorbereitet auf eine solche Katastrophe. Und bei allen Bemühungen: ein Risiko werde bleiben. Man müsse auch akzeptieren, dass sich Überschwemmungen wiederholen können. Darauf müssen sich die Menschen im Wesertal vorbereiten - und wissen, was im Fall der Fälle zu tun ist.
Gudrun Hunold
Dann hätte man das doch schonmal beim neuen Bushof in Eupen berücksichtigen müssen, wo meines Erachtens nach zuviel verdichtet wurde. Alles betoniert und geteert, dafür einige Pflanzenkübel.