Sie klingt nicht nur prächtig, sie sieht auch beeindruckend aus: Zwölf Meter hoch ragt das Gehäuse der Orgel in St. Jakob, bis an die reichverzierte Decke, und erstrahlt in kräftigem Blau. Die Orgel ist etwas Besonderes. Es ist die erste Rekonstruktion einer Renaissance-Orgel dieser Größe weltweit - realisiert von der Orgelbauwerkstatt Schumacher in Eupen.
Vor 25 Jahren wurde sie eingeweiht. Aber bis dahin gab es einige Herausforderungen, erinnert sich Orgelbauer Guido Schumacher: "Die Schwierigkeit bestand darin, ein Konzept zu entwickeln aus Bruchstücken, die in anderen Instrumenten erhalten sind. Keiner wusste genau, wie sieht eine große Renaissance-Orgel aus? Wie soll sie klingen? Da war eigentlich das Spezifische an dem Projekt."
Original klang die Orgel nicht mehr, denn sie war mehrfach umgebaut worden - unter anderem hatte man das Gehäuse im 19. Jahrhundert nach hinten hin vergrößert. Der Denkmalschutz aber hatte vorgegeben, dass die eigentliche Abmessung des Baujahres 1600 wiederherzustellen sei. Damit war auch nur noch die Rekonstruktion einer Renaissance-Orgel möglich. Aber die war deutlich in die Höhe gebaut. "Wie es für die Zeit typisch ist, ist das Gehäuse mit zwölf Metern sehr hoch. Aber unten nur 80 Zentimeter tief. Und auf der Etage wo die Pfeifen sind, nur 110 Zentimeter tief, was extrem wenig ist."
Guido Schumacher übernahm mit der Rekonstruktion einen Auftrag seines Vaters. Der war schon 1963 mit der Restaurierung beauftragt worden, doch wurde das Projekt seinerzeit gestoppt und auf Eis gelegt. In einem zweiten Anlauf war unter anderem Hubert Schoonbroodt als Orgelsachverständiger in das Projekt berufen worden. Aber erst im dritten Anlauf, mit Pierre Thimus, dem heutigen Organisten an St. Jakob als Projektleiter, wurde die Orgel restauriert - oder rekonstruiert.
Dabei machte der Orgelbauer interessante Entdeckungen: "Das Gehäuse wurde genau ausgemessen und dann haben wir das in die alten Fußzahlen umgerechnet. Dabei haben wir entdeckt, dass das ganze Gehäuse im 'goldenen Schnitt' konzipiert wurde. Das haben wir auch in die Technik einfließen lassen. Zum Beispiel die Tragesäulen, die Stempel, das ist genau ein halber Fuß. Dann haben wir die Maße zum Teil für die Windkanäle übernommen. Am Ende hat man gemerkt, das Ganze ist ein stimmiges Ganzes geworden. Für uns war es spannend, das von dieser Basis aus konsequent bis zum Ende zu denken."
Für Sohn Guido Schumacher und seinen Betrieb war die Orgel von St. Jakob die erste große historische Orgel - und es sollten danach noch einige folgen. Ein Abenteuer, auch für Organist Pierre Thimus, der das Projekt leitete. Und er ist auch nach 25 Jahren noch begeistert von "seiner" Orgel. Denn man habe nun ein Instrument mit der authentischen Stimme und Klangfarbe der Renaissance.
Man habe die Orgel wieder zum Leben erweckt, schwärmt der Organist - auch den mesotonischen Akkord, der der Musik aus Renaissance und Vorbarock ihr Profil verleihe: "Ich denke, wir haben es gut gemeistert. Wir haben nun eine Orgel, die mit einer authentischen Stimme in den besonderen Klangfarben der Renaissance spricht. Wir haben sie wirklich wieder zum Leben erweckt und auch den mesotonischen Akkord, der dieser ganzen Musik wirklich viel Profil verleiht. Es handelt sich um ein sehr umfangreiches Repertoire von der Renaissance bis zum Vorbarock."
Wer sich vom Klang der Orgel überzeugen möchte, kann das während des Orgelfestivals Lüttich tun. Seit der Rekonstruktion findet es jährlich in der Kirche statt, feiert also ebenfalls sein 25-jähriges Jubiläum.
Das erste Konzert in St. Jakob findet am Sonntag (19. November) statt. Das Programm des Orgelfestivals von Lüttich und Kartenreservierung gibt es auf der Webseite des Festivals. Adresse: Eglise St. Jacques-Le-Mineur, Place St. Jacques 8, 4000 Lüttich.
Gudrun Hunold