Genau waren es 993.000 Euro, die bis Ende vorvergangener Woche auf biddit.be geboten wurden: davon 151.000 Euro für die ehemalige Jugendherberge in Berterath und 135.000 Euro für ein Doppelhaus mit früheren Lehrerwohnungen am Wittumhof in Büllingen.
Für Letzteres gaben Rainer Stoffels und Alexander Miesen nicht ihre Zustimmung. Rainer Stoffels begründete das mit der "hochsensiblen Lage" in unmittelbarer Nähe zu Kindergarten, Primarschule und BIB. Da wäre es seiner Meinung nach wichtig zu wissen, was mit dem Gebäude passiert und je nachdem Auflagen zu machen.
Das hätte dann aber früher geschehen müssen, argumentierten Bürgermeister Friedhelm Wirtz sowie die Schöffen Michael Schmitt und Viviane Scharres-Jost. Hier sei das Kriterium nur das höchstliegende Angebot gewesen. Der Vorteil der Online-Auktion liege aber gerade darin, dass sie die Anonymität der Bieter gewährleiste. "Wir wissen schlussendlich nicht, wer das Höchstgebot pro Los abgegeben hat", beteuerte Michael Schmitt.
Die restlichen Gebote betrafen verschiedene Liegenschaften – darunter auch einen Teil der Parzelle, auf der die neue Polizeidienststelle auf Morsheck gebaut werden soll, der dafür aber nicht benötigt wird. Und bei einem Los, das Wald- und Agrarland in Merlscheid umfasst, empfahl das Gemeindekollegium, nicht den Zuschlag zu erteilen, sondern mit dem Meistbietenden nachzuverhandeln, um gegebenenfalls mehr zu erzielen.
Umschichtung von Vermögen
Mit dieser "Umschichtung von Vermögen" solle die Gemeinde Büllingen jedenfalls "fit für die Zukunft" gemacht werden, erklärten Michael Schmitt und Friedhelm Wirtz. Das Geld fließe in die Finanzierung anstehender Großprojekte wie unter anderem den Anbau am Kindergarten oder den Neubau des Bauhofes. Über solche Projekte lasse sich "langfristig die Lebensqualität in der Gemeinde erhalten bzw. sichern".
Damit reagierten sie auch auf Kritik, die etwa in den sozialen Medien an dem Verkauf der Liegenschaften laut geworden war.
Wirtz nannte die Versteigerung "einen Schritt von mehreren, die zu gehen sind", denn die Gemeinde brauche Geld, um diese Projekte mit Eigenmitteln stemmen zu können. An Reserven sei nur der Pensionsfonds da. "Wir stehen momentan gut da", erklärte Wirtz, der aber einen ernüchternden Blick auf die öffentlichen Finanzen des Föderalstaates oder der Wallonischen Region warf. "Das führt irgendwann zum Kollaps und das fliegt auch uns dann um die Ohren."
Büllingens Bürgermeister forderte eine "Rückfinanzierung" der Gemeinden, insbesondere für Aufgaben, die sie zwangsläufig übernehmen müssten. "Mir geht es nicht darum, die Gemeindedotation neu zu verteilen: Davon sollten wir tunlichst die Finger lassen. Aber den Eigenheiten einer Gemeinde, wie bei uns der Riesenfläche, muss Rechnung getragen werden."
Der Wallonischen Region empfahl er, "eine Reihe von Fördertöpfen zu streichen und das Geld lieber zielgerichtet einzusetzen, in Rücksprache mit den Gemeinden."
Große Resonanz für Thermographie
Die Gemeinde Büllingen fördert auch im nächsten Jahr Hausbesitzer, die ihr Wohngebäude mit Infrarotthermographie und dem sogenannten Blower-Door-Verfahren (zur Messung der Luftdichtheit des Gebäudes) untersuchen lassen. Bei der ersten Auflage in diesem Jahr hatten sich mehr als 100 Interessenten gemeldet. 50 davon wurden per Losverfahren ausgewählt und erhalten in den kommenden Wochen Besuch.
Für die anderen wird das Projekt neu aufgelegt. Dafür ist ein Förderbudget von rund 30.000 Euro vorgesehen, das zu 100 Prozent von der Deutschsprachigen Gemeinschaft bezuschusst wird.
Schöffe Reinhold Adams zeigte sich erfreut angesichts der positiven Resonanz, zumal sich die Hausbesitzer mit 100 Euro an der Untersuchung beteiligen müssen. Damit soll ausgeschlossen werden, dass sich Interessenten nur aus Neugier melden.
Entscheidung über Hotel International erst im Februar
Über eine mögliche Nutzung des früheren Hotel International als Unterkunft für Asylbewerber wird das Gemeindekollegium wohl frühestens Anfang Februar befinden können. Das sagte Friedhelm Wirtz auf eine Frage von Manfred Rauw zum Stand der Dinge.
Das Rote Kreuz habe inzwischen einen neuen Antrag eingereicht, am Tag der Gemeinderatssitzung sei die Frist der öffentlichen Bekanntmachung ausgelaufen. Demnach wurden rund 440 Unterschriften gegen das Vorhaben und ein paar "persönliche Schreiben" eingereicht.
Nun stehen ein Gutachten der Hilfeleistungszone (Brandschutz), ein Bericht des Kollegiums und daraufhin ein weiteres Gutachten der Raumordnungsbehörde in Eupen aus. Wirtz verwies darauf, dass der Bericht des Gemeindekollegiums beim ersten Antrag bedingt positiv gewesen sei.
Zu Beginn der Sitzung hatten die Gemeinderatsmitglieder des in der vergangenen Woche verstorbenen Marktordners Fernand Quataert gedacht, der seine ehrenamtliche Aufgabe immer besonders akribisch ausgefüllt habe, wie Bürgermeister Wirtz in einer kurzen Würdigung anerkannte.
Stephan Pesch
Ein Hauch von Rebellion im Bullinger Gemeinderat.Die Herren Stoffels und Miesen widersprechen.Wer hätte das gedacht. Ein Jahr vor den Wahlen und da muss man von sich hören lassen. Nicht besonders glaubwürdig, aber sehr unterhaltsam.
Schöner Ausdruck "Umschichtung von Vermögen". Es findet tatsächlich eine Umschichtung statt und zwar von produktiven zu unproduktiven Vermögen. Eine Wohnung kann man vermieten, so kommt Geld rein. Aber eine Sporthalle kostet Geld. Vielleicht sollte man auch mal diskutieren, ob wirklich in jedem Dorf eine Sporthalle stehen muss. Da gibt es bestimmt noch Einsparpotential. Auch ist es ein Unding, dass trotz sinkender Anzahl Kirchgänger, die Gemeinde noch viel Geld ausgibt für die Kirchenfabriken. Das ist nicht mehr gerechtfertigt. Hier ist ein Umdenken erforderlich. Warum nicht ein paar Kirchen schließen und verkaufen. Ist anderenorts schon passiert.