Für die Vollstreckung, aber auch die Begleitung von Tätern in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist der Fachbereich Justizhaus des Ministeriums zuständig, der von Diana Rauw geleitet wird.
Frau Rauw, hat die elektronische Fußfessel jetzt ausgedient?
Also die Haftstrafen bis zu drei Jahren wurden selten vollstreckt aufgrund von Platzmangel in den Gefängnissen. Sie wurden automatisch durch eine elektronische Überwachung ersetzt. Laut Justizminister Van Quickenborne war das so eine Art der Straflosigkeit und er wollte da etwas unternehmen. Wie die Haftstrafen über drei Jahren werden jetzt die Haftstrafen zwischen zwei und drei Jahren seit dem 1. September 2022 vollstreckt. Und seit dem 1. September 2023 werden die Haftstrafen von sechs Monaten bis zwei Jahren ebenfalls vollstreckt.
Das heißt, man bekommt dann nicht automatisch eine Fußfessel, sondern eigentlich heißt "vollstreckt" Haft?
Vollstreckt bedeutet eigentlich Haft. Die große Neuerung besteht aber darin, dass die Häftlinge nicht mehr automatisch eine elektronische Fußfessel erhalten, sondern das ist eine Entscheidung eines Strafvollstreckungsrichters. Automatisch wird es nicht mehr sein. Bei allen Haftstrafen unter 18 Monaten gilt: Wenn die Person nach Erhalt des Haftscheins innerhalb von fünf Tagen im Gefängnis vorstellig wird, kann sie sofort einen Antrag stellen, um eine elektronische Überwachung zu erhalten. Dann wird die Strafe unterbrochen und innerhalb von 15 Tagen muss die Person einen offiziellen Antrag stellen. Und bei der Erstellung dieses Antrags können wir im Justizhaus unterstützen. Im Nachhinein wird der Strafvollstreckungsrichter entscheiden, ob die Person eine elektronische Überwachung erhält oder nicht.
Es ist also viel mehr als früher eine Einzelentscheidung des Richters. Und wenn ich die elektronische Fußfessel einem Haftaufenthalt vorziehe, muss ich schnell sein - nicht aussitzen, sondern schnell beantragen, dass ich eine Fußfessel bekomme?
Ja, weil wenn die Person nicht, nachdem sie den Haftschein erhalten hat, vorstellig wird und beispielsweise von der Polizei zum Gefängnis gebracht wird, ist das eine andere Prozedur. Und dann muss die Person in Haft bleiben.
Was ist denn eigentlich aus Ihrer Sicht der große Unterschied zwischen einer Gefängnisstrafe und einer elektronischen Fußfessel?
Es gibt Folgen der Inhaftierung, die bei einer elektronischen Überwachung vermieden werden, beispielsweise der Verlust des Arbeitsplatzes, der Verlust der Wohnung, die Verschlechterung der sozialen Beziehungen, die sehr wichtig sind, die Anhäufung zusätzlicher Schulden beispielsweise oder die soziale Stigmatisierung, die Inhaftierung trägt nicht immer zu einer erfolgreichen Rückkehr in die Gesellschaft bei. Während die alternativen Strafen wie die elektronische Überwachung in Bezug auf die Ergebnisse relevanter sind.
Ist denn dann die Fußfessel Strafe genug?
Das liegt im Auge des Betrachters. Das ist auch eine gewisse Empfindung. Nehmen wir beispielsweise Opfer einer Straftat. Die werden wiederum, was auch verständlich ist, ganz anders beurteilen als jemand, der nie betroffen war. Aber die Strafen befinden sich in einem Gesetz und das Gesetz ist vom föderalen Parlament verabschiedet worden. Wir vom Fachbereich Justizhaus, unter Aufsicht des Ministers Antoniadis, sind für die Strafvollstreckung zuständig und somit auch für die Ausführung der elektronischen Überwachung.
Gudrun Hunold