Die Debatte um die Anpassung der Ferienzeiten ist nicht neu. Dabei geht es nicht alleine um die Ferien, sondern vor allem um die generelle Gestaltung der Schulzeiten und des Schuljahres. Eigentlich, sagen alle Experten, sind die Ferien ein Nebenschauplatz. Eigentlich stehen wichtigere Reformen an. Aber die Französische Gemeinschaft hat Fakten geschaffen - und der Rest des Landes muss sich positionieren.
Zunächst hatte die DG-Regierung 70 Gutachten verschiedenster Akteure eingeholt - natürlich von Eltern- und Lehrervertretungen, aber auch aus dem Wirtschafts- oder Sozialbereich. Nun also liegt ein chronobiologisches Gutachten vor. Es ist der Versuch, die Debatte auf wissenschaftlicher Basis zu führen.
Zwei große Schlussfolgerungen
"Es gibt zwei große Schlussfolgerungen", erklärt DG-Bildungsministerin Lydia Klinkenberg. "Einerseits empfehlen die Chrono-Biologinnen, den kompletten Schulrythmus zu überdenken. Sowohl den Jahresrythmus als auch vor allem den Tagesrythmus. Und die zweite Schlussfolgerung ist, dass man die "7+2-Regelung "- also sieben Wochen Schule und zwei Wochen Ferien, wie sie jetzt in der Französischen Gemeinschaft angewandt wird - wissenschaftlich begleiten lassen sollte, bevor man das Ganze einführt in Ostbelgien."
So schlägt das Gutachten vor, dass die Primarschulen früher beginnen sollten - die Sekundarschule später. Denn kleinere Kinder und Teenager sowie Jugendliche haben eine ganz andere "innere Uhr".
Das ist doch nicht neu, sagt Andreas Jerusalem, Parlamentsabgeordenter von Ecolo - und selber Lehrer. "Ehrlich gesagt hat das Gutachten keine neuen Erkenntnisse gebracht. Die Dinge über den Schultagesrythmus sind schon lange bekannt. 2014 etwa haben wir schon in unserem Wahlprogramm gefordert, dass wir da unsere Möglichkeiten besser ausschöpfen müssen. Von daher ist das chronobiologische Gutachten nicht der große Wurf, den wir uns davon erwartet hatten."
Die Französische Gemeinschaft, sagt die Ministerin, hatte 15 Jahre der Vorbereitung. Und 15 Jahre, in denen sie die anderen beiden Gemeinschaften hätte einbinden können. Nun stellt sich die Frage, wie diese vor allem auf die neue Ferienregelung reagieren sollen. Nichts überstürzen, heißt die Devise - in Eupen, wie auch in Flandern. "Auch der Kollege Weyts hat darauf hingewiesen, dass es kein fundiertes wissenschaftliches Wissen dazu gibt, ob der Rythmus 7+2 der ideale ist und hat auch darauf verwiesen, dass man das Ganze erst einmal beobachten und evaluieren sollte", erklärt Ministerin Klinkenberg.
Für die Opposition ist das aber "Verschieberitis". "Wir sind es unseren Kindern und Jugendlichen schuldig, nach ihren Bedürfnissen zu schauen, wenn wir über die Ferientaktung sprechen, und nicht danach, wie zum Beispiel bei den Sommerferien, wie vor 100 Jahren geerntet wurde. Diese Chance haben wir seit längerer Zeit- und wir nutzen sie nicht", findet Andreas Jerusalem. "Deshalb sollten wir uns dieser Verantwortung bewusst werden."
Online-Befragung
Das chronobiologische Gutachten soll daher nun Grundlage sein zu einer Online-Befragung. Schon nächsten Monat soll es soweit sein, sagt die Bildungsministerin Klinkenberg.
"Wir werden der ostbelgischen Bevölkerung die Möglichkeit geben, uns Rückmeldungen zu diesem Gutachten zu geben. Es ist sehr ausführlich. Wir reden hier auch von Schulstartzeiten, eventuell sogar unterschiedlichen Schulstartzeiten in der Primar- und der Sekundarstufe. Das wird empfohlen", so Klinkenberg. "Letztendlich stellt sich aber auch die Frage der Machbarkeit. Und deshalb möchten wir uns wirklich ein umfassendes Bild machen von der Situation und den Ostbelgiern im Oktober die Möglichkeit geben, uns ihre Meinung zu diesen Themen über eine Online-Umfrage rückzumelden."
Eine breite Debatte ist vielleicht überfällig. Bleibt zu wünschen, dass die Bevölkerung sich einbinden lässt - und bereit ist, sich mit einem wissenschaftlichen Gutachten und einem komplexen Thema zu beschäftigen.
Gudrun Hunold
sind wir alle, die das aktuelle Schulsystem durchlaufen haben daran gestorben ? bin selbst von 1972 Kindergarten bis Ende dritte Mittelschulklasse ( heute ja Sekundarklassen ) zu diesem System zur Schule gegangen und habs überlebt so auch später meine eigenen Kinder ....das einzigste ws eventuell reformiert werden könnte sind die Sommerferien....vllt 2 Wochen daran weniger und auf das restliche Jahr verteilt, das wäre eine Option.
Dass man an einem Schulsystem nicht stirbt, ist jetzt nicht wirklich ein Qualitätsmerkmal. Solange es Verbesserungspotenzial gibt, sollte man dieses auch nutzen. Zum Beispiel könnte man den (hoffentlich bald ausgeschlafenen) Schülern beibringen, dass das Adjektiv „einzige“ keine Steigerungsform hat.
Frau Wotschke,
meine Tochter hat beide Systeme in der FG erlebt, das aktuelle fand sie viel besser als das alte. Mein Sohn ist jetzt von der DG zur FG gewechselt um das 7+2 System zu haben. Mit ihm sind mehrere Schüler von Kelmis in die FG gewechselt.
Was Sie vorschlagen 2 Wochen weniger Sommerferien die dann im restliche Jahr verteilt werden ist doch eigentlich das System der FG, oder ?
@Nancy Schmitz,
Nein finde ich nicht dass es das selbe ist. Vor allem wofür schon alleine 2 Wochen Karnevalsferien ? Osterferien adieu ?
Finde das System 7 / 2 eine Herausforderung für arbeitende Eltern für die Betreuung bei alle 7 Wochen 2 frei besonders bei Alleinerziehende wo keine Familie wie Oma, Opa, Tanten usw direkt dafür zur Verfügung stehen. Wer kommt dann für die Kosten der Fremdbetreuung auf ?
@Anja Wotschke : die Anzahl der Wochen Ferien bleibt aber gleich ob jetzt 7+2 oder das System der DG oder wie Sie vorschlagen 2 Wochen weniger im Sommer dafür aber anderswo.
Nochmal in Zahlen : DG: 181 Tage Schule (Durchschnittlich) FG: 182 Tage Schule.
Sie sehen, da tut sich nicht viel ! Ausserdem werden in der FG meinem Gefühl nach dieses Jahr viel mehr Aktivitäten für Kinder und Jugendliche in den Herbstferien angeboten als andere Jahre.