Die Deutschsprachige Gemeinschaft feiert 50 Jahre Autonomie und trotz dieser langen politischen Geschichte gibt es immer noch Platz für eine Premiere. Das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat in den Monaten Mai und Juni erstmals alle Gemeinderäte der DG besucht. Das Ziel: ein Dialog auf Augenhöhe und die Suche nach neuen Möglichkeiten der Zusammenarbeit.
Zwar sorgte das Projekt zu Beginn für Fragezeichen in den Köpfen einiger Parlamentarier, doch die Resonanz der Gemeinden war umwerfend, sagt die Vizepräsidentin des PDG, Patricia Creutz-Vilvoye. "Wir waren erstaunt, wie schnell die Rückmeldung war und wie groß das Interesse der Gemeinden war. Es war beeindruckend, wie gut die Gemeinden vorbereitet waren, wie viel Wert sie darauf gelegt haben, uns präzise Informationen zu geben und dass sie uns klipp und klar sagten, wo der Schuh drückt."
Er drückt an so einigen Stellen: Der Fachkräftemangel trifft die Gemeinden in der Deutschsprachigen Gemeinschaft hart. Auch die ÖSHZ-Vertreter zeigten sich frustriert, die breiten Bedürfnisse der Bevölkerung können unter den aktuellen Arbeitsauflagen und Gesetzen nicht erfüllt werden.
Gleichzeitig schwindet in den Kommunen der Wille vieler Bürger, sich aktiv in der Politik zu engagieren: Wie eine Studie der Union des Villes et Communes de Wallonie zeigt, wollen rund ein Fünftel der Gewählten sich 2024 nicht noch einmal zur Wahl aufstellen. Ein Imagewechsel in der Kommunalpolitik muss also her.
Aber selbst, wenn vieles im Argen liegt, gibt es auch einige Punkte, die schon richtig gut laufen, erklärt Parlamentspräsident Charles Servaty. "Alles was mit Sport, Kultur und Erwachsenenbildung zu tun hat und die Hilfe der Ministeriumsverantwortlichen für die Vereinsarbeit wurden gelobt. Auch die 80-prozentige Bezuschussung für Schulinfrastrukturprojekte und die geringen Haltungsnormen für Primarschulen und Kindergärten zeigen, dass die Gemeinden wissen, dass es der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Vergleich zu anderen Regionen schon fast überproportional gut geht."
Als größten Trumpf der Beziehung zwischen den Gemeinden und dem PDG nennt Charles Servaty die kurzen Wege zwischen den verschiedenen Entscheidungsträgern. Dieser Vorteil dürfe nicht verloren gehen. Auch wenn die Treffen zwischen den PDG-Abgeordneten und den Gemeinderäten zum ersten Mal stattgefunden haben, soll mit dem Dialog noch lange nicht Schluss sein.
"Die Bereitschaft der Fraktionen, Präsenz zu zeigen in den Gemeinderäten der DG, deutet auf eine positive Bereitschaft, das Gesagte zu reflektieren und zeitnah umzusetzen. Nicht jede Anregung wird mittels Dekret im Herbst umgesetzt werden können, aber das Bewusstsein dafür, dass es sich lohnt, weiter an der Autonomiegestaltung zu arbeiten, das wird auch in Zukunft diese guten Lebensbedingungen sichern", so Servaty.
Ganz nach dem Belgischen Motto "Einigkeit macht stark" soll in den weiteren Entwicklungen vor allem die Zusammenarbeit der neun Gemeinden untereinander, aber auch mit dem Parlament der DG gestärkt werden.
Lindsay Ahn