Der Brand im Hohen Venn ist hartnäckiger als gedacht. Auch am Mittwoch gehen die Löscharbeiten weiter. Zurzeit entspannt sich die Lage aber leicht. Meteorologe Karsten Brandt gibt dazu eine Einschätzung aus der Sicht eines Wetterexperten.
Ist dieser Vennbrand eine Überraschung, oder eher nicht?
Ich hatte am Wochenende schon ein sehr schlechtes Gefühl und habe am Morgen des Pfingstsonntags dann auch den BRF und andere Medien schon über die steigende Feld- und Waldbrandgefahr informiert. Ganz konkret ist das um kurz vor neun Uhr rausgegangen. Man muss zwei Dinge unterscheiden: Da ist die Bodenfeuchtigkeit. Die ist relativ ausreichend noch. Also wenn man ein paar Zentimeter in den Boden reingeht, dann trifft man auf genügend Feuchtigkeit.
Aber bei der Oberfläche ist das nicht der Fall. Die ist schon ausgetrocknet und das ganze Gestrüpp, gerade trockenes Gras, war am Wochenende aufgrund der niedrigen Luftfeuchtigkeit und des starken Windes schon sehr weit ausgetrocknet, und entsprechend hatte ich schon das Gefühl und die Angst vor einer sehr großen Feld- und Waldbrandgefahr. Ganz konkret: Am Sonntagnachmittag hatten wir in Eifel und Venn teilweise Luftfeuchtigkeiten zwischen 20 und 40 Prozent nur, also sehr, sehr trockene Luft. Und das ist sicherlich der Auslöser für die Dramatik hier bei diesem Waldbrand.
Wird die Trockenheit und eine geringe Luftfeuchtigkeit vielleicht etwas unterschätzt?
Ja, weil man denkt, es hat gut geregnet. Wir haben alle erlebt, dass März, April und die erste Hälfte vom Mai nass waren und wir denken "alles gut". Ja, das stimmt aber nicht. Man muss wirklich beobachten, bitte Augen auf! Auch auf die Forstleute, die wissen das eigentlich. Man sieht, die Luftfeuchtigkeit geht runter. Der Wind ist da. Wir haben zwei, drei, vier sonnige Tage. Sofort ist alles trocken. Sofort habe ich die Brandgefahr, gerade im Venn, und sofort habe ich eine trockene Vegetation draußen, die, wenn dann irgendjemand da Grillgut hinschmeißt oder Zigaretten oder ähnliches, sofort brennt, obwohl der Boden darunter feuchter ist.
Also bitte nicht verwechseln: Bodenfeuchtigkeit und die trockene Vegetation, die sich sofort ausbildet nach ein paar Tagen trockenem Schönwetter. Also es ist immer entscheidend zu gucken: Was für eine Luftfeuchtigkeit habe ich? Was für einen Wind habe ich? Was für eine Wetterlage habe ich? Dann kann ich sofort entscheiden, ob ich ein sehr hohes Brandrisiko habe. Und das war über Pfingsten ganz klar. Sonntag war ein extrem trockener, gefährlicher Tag und dann muss man handeln. Da muss man sehr wachsam sein. Und ich empfehle wirklich auch den Behörden, das Feld engmaschig zu überwachen, damit man wirklich schnell auch mit Kameras und ähnlichem zu den Brandstellen kommt, um eingreifen zu können, damit das nicht so groß ausartet.
Wind spielt bei Bränden ja auch eine entscheidende Rolle. Wie sieht es da aus?
Absolut. Der Wind war jetzt zwar nicht stürmisch, aber schon relativ stark am Sonntagnachmittag und entsprechend hat das natürlich dazu geführt, dass der Brand sich dann ausbreiten konnte, auch in der Nacht dann zum Pfingstmontag. Es ist so, dass der Wind eine ganz entscheidende Rolle spielt, wenn der Brand nicht schnell genug bekämpft wird, wenn das nicht schnell genug entdeckt wird. Da ist Zeit ein ganz kritischer Faktor. Da geht es wirklich um Minuten bis Stunden. Je länger man den Brand unkontrolliert hat, umso schwerer wird es dann, nachher zu löschen. Ganz entscheidend ist immer die Brandbeobachtung.
Deswegen mein Appell: Wir stecken wieder in einer sehr gefährlichen Situation aktuell. Wir kriegen am Mittwoch im Tagesverlauf wieder sehr starken Wind, Nordost-Wind. Das heißt, die Glutnester können sich immer noch entzünden. Man muss da jetzt sehr, sehr vorsichtig sein. Und wir haben in den nächsten Tagen weiterhin Trockenheit, also fürs Venn bedeutet das: absolut rote Linie, große Gefahr weiterhin für Moorbrände, für Feldbrände, für auch Waldbrand zunehmend, weil natürlich kein Regen fällt. Vor zehn, zwölf Tagen gab es den letzten Niederschlag, ein bisschen Niederschlag am 16. Mai.
Der letzte große Niederschlag liegt ja schon fast 20 Tage zurück und es fällt kein Regen die ganze nächste Woche über. Da wird es trocken sein, es wird heiß sein, weiterhin werden die Böden sich austrocknen. Wir haben also weiterhin eine sehr hohe Feldpumpgefahr, eine hohe Moorbrandgefahr und auch eine hohe Waldbrandgefahr in einzelnen Fällen. Also äußerst wachsam sein und ich kann nur appellieren, auch an die Bevölkerung: Wenn man Rauch sieht, wenn man ein Feuer sieht, bitte sofort handeln, sofort! Es geht wirklich um Minuten. Die Feuerwehr alarmieren, und auch die Einsatzkräfte müssen möglichst schnell sein, um das einzudämmen. Man weiß das aus Erfahrung. Dann kann man größere Schäden vermeiden und steht nicht vor so einem Problem wie jetzt.
Das sind also insgesamt keine guten Voraussichten: Weder was den Wind angeht, noch die Regenvoraussichten?
Nein, in puncto Freizeit ist das wettermäßig sicherlich alles schön. Da freuen wir uns über sehr, sehr viel Sonne jetzt am Wochenende und auch in der nächsten Woche. Das ist alles prima. Aber für die Natur ist es eine Katastrophe. Eine "Beton-Wetterlage". Ich muss es wirklich so formulieren. Eine Betonwetterlage, wie festgemeißelt das Ganze im Hochdruckgebiet.
Wir sind am Rande des Hochdruckgebiets. Kein Niederschlag die nächsten zehn Tage, eventuell bis Mitte Juni kein Niederschlag. Deswegen gibt es zunehmende Feld-, Wald- und Moorbrandrisiken, zusätzlich zu der aktuellen Situation. Also wir müssen sehr, sehr wach wachsam sein in den nächsten Tagen, weil weiterhin der Boden stark austrocknen wird. Und wenn dann ein Tag kommt mit viel Wind und niedriger Luftfeuchtigkeit, so wie am Sonntag, dann droht sehr hohe Waldbrandgefahr. Also im Augenblick ist die Situation sehr, sehr kritisch in den nächsten zehn bis 14 Tagen.
mz/fk
Warum werden die Feuerüberwachungstürme nicht wieder besetzt ???
Von dort hätte man sicher viel früher den Brand entdeckt.
Das ist Sparen am falschen Eck...