Der Eupener Marc Lazarus ist Richter beim Appellationshof in Lüttich - und Vorsitzender der Vereinigung der deutschsprachigen Magistrate. Die wiederum ist Teil einer landesweiten Plattform, die sich um die Arbeit der Justiz sorgt, angefangen bei den Rahmenbedingungen. "Ich persönlich bin ja als Gerichtsrat in Lüttich tätig, tage dort in dem altehrwürdigen fürstbischöflichen Palais. Und da ist mir vor einigen Monaten im wahrsten Sinne des Wortes die Decke auf den Kopf gefallen: In unserem Beratungszimmer ist der Stuck runtergekommen mit kiloschweren Betonteilen", erzählt Lazarus. Das neue, funktionale Justizgebäude in Eupen stehe auf der anderen Seite für durchaus positive Entwicklungen. Das gelte beispielsweise auch für die Informatisierung oder für die Beseitigung von finanziellen Hindernissen beim Zugang zur Rechtshilfe.
Zum Tag der Justiz wollen die Magistrate in diesem Jahr aber auch dafür sensibilisieren, wie die Rolle des Richters verstanden wird. "Dann meine ich damit, dass es ja teilweise auf Ebene der Politik hier und da Anzeichen gibt, dass man sich wünscht, dass der Richter sich wirklich darauf beschränkt zu urteilen, Gesetze anzuwenden, ohne aber das, was er momentan noch kann, zu prüfen, dass beispielsweise ein Gesetz im Einklang mit der belgischen Verfassung ist, mit internationalen übergeordneten Normen", so Marc Lazarus. Insofern hat der Richter auch eine Rolle des Wächters inne.
Denn der Staat selbst kommt seinen Verpflichtungen nicht immer nach. Beispiele sind die Zwangssummen, die wegen fehlender Unterbringung für Asylbewerber verhängt werden oder wegen unhaltbarer Zustände in den Gefängnissen. "Wenn der normale Bürger ein Gerichtsurteil nicht umsetzt, dann wird es vollstreckt, dann kommt der Gerichtsvollzieher und pfändet gegebenenfalls Wertgegenstände oder man wird dann bei einer Straftat ins Gefängnis verfrachtet. Und wenn der Staat selbst ja Urteile der Gerichtsbarkeiten ignoriert, dann ist das natürlich ein sehr schlechtes Vorbild und kann wiederum zu Verbitterung bei den, ich sage es mal: ‚kleinen Leuten‘ führen, bei denen dann die Maßnahmen umgesetzt werden."
Denn, so die belgischen Magistrate in einem offenen Brief: alle müssten sich auf den "Rechtsschutz durch und gegen die öffentliche Hand" verlassen können, gerade die Schwächsten. Eine "unabhängige und qualitativ hochwertige" Justiz sei ein Allgemeingut und eine "Grundlage für Sicherheit und den sozialen Frieden".
Stephan Pesch
Wenn der Staat Urteile nicht respektiert, ist es ja auch nicht weiter schlimm, wenn ich bei den nächsten Wahlen nicht mitmache und einfach im Bett liegen bleibe.