"Seitdem der Krieg angefangen hat, habe ich jeden Tag mit dem Krieg zu tun, weil ich dort viele Freunde und Verwandte habe", erzählt Moritz Hoffmann. Er ist in ständigem Kontakt mit den Menschen in der Ukraine. Moritz Hoffmann selbst und seine Familie seien dem Schlimmsten entkommen, sagt er, weil sie rechtzeitig geflohen seien. Und im Vergleich zu anderen Flüchtlingen sei es ihnen noch gut gegangen.
"Wir hatten ein Zimmer für zehn Monate und haben dann eine Wohnung gefunden", berichtet er. "Wir sind gezwungen, von null anzufangen. Mit 45 Jahren muss ich ganz neu beginnen. Und damit ist man gut beschäftigt."
Neu anfangen, das heißt erst einmal eine Arbeit finden. In der Ukraine arbeitete Moritz Hoffmann als Dekorateur für die Film- und Fernsehindustrie. Dort lebte er mit seiner Frau und seinen drei Kindern in einem Dorf, circa 25 Kilometer von Kiew entfernt - ganz in der Nähe der Orte, in denen der Krieg begann. "Es wurden dort gezielt einige Menschen erschossen. Unser Dorf hat der russischen Armee als Lager gedient. Sie haben von dort agiert, sich dort einquartiert in einigen Häusern und so geschützt vor der ukrainischen Armee."
Das Dorf ist erhalten geblieben. Junge Familien, die in den Westen geflüchtet waren, sind wieder zurückgekehrt. Für Moritz Hoffmann war das keine Option. "Für uns ist das erstmal ausgeschlossen. Die Kinder müssen in die Schule gehen. Der Krieg ist nicht vorbei. Die meisten Leute haben keine Arbeit. Ich habe drei Kinder und kann mir das nicht leisten. Man weiß nicht, wo die nächste Bombe trifft. Normal leben, ist dort noch nicht möglich."
Nach seiner Flucht hat Moritz Hoffmann die Ärmel hochgekrempelt und geschaut, wo und wie er seine Freunde unterstützen konnte, die selbst als freiwillige Helfer in der Ukraine im Einsatz waren. "Der Architektur-Professor hat 1.500 Gläser Pökelfleisch auf offenem Feuer selbst hergestellt. Der brauchte einen Bus. Andere brauchten Geld. Einer ist mit Kindern von zwei Familien in den Westen gereist und hat dort auf einem Hof gelebt und musste sich darum kümmern", erzählt Hoffmann.
Trotz aller Gefahren und Probleme versuchten die Menschen in der Ukraine, ihren Alltag zu meistern, so Moritz Hoffmann. "Sie sagen: Man hätte sich fast daran gewöhnt, dass es wieder ruhig geworden ist. Doch dann kamen um Neujahr wieder die Angriffe. Zwischen Angst und Gewohnheit versuchen sie, ihren Alltag zu meistern."
Moritz Hoffmann hilft noch immer, wo er kann - auch wenn er selbst sein Leben neu organisieren muss. Was die Zukunft betrifft, denkt er nur noch in kleinen Schritten. Seine Hoffnung auf Frieden aber, die sei ziemlich groß, sagt er: "Nichts ist ewig. Auch Russland nicht. Vielleicht gibt es einige Völker, die ihre Eigenständigkeit wieder erlangen. Früher oder später wird das ein Ende haben. Es wird irgendwann aufhören".
Michaela Brück