Es wird gesägt, gebohrt, geschraubt, geschweißt - und Styropor geschnitzt. Denn aus einem viereckigen Klotz soll mal ein Kopf werden. Styropor-Michelangelo Jürgen Tomasso kennt sich mit dem Feinschliff aus - auch mit den Folgen. "Also die Krümelchen, die finde ich noch in zwei Wochen im Schlafanzug wieder."
Es ist kalt in der Hergenrather Halle. Beim Sprechen dampft die Atemluft. Doch wer Karneval liebt, hat viel dafür übrig. Nach den Corona-Jahren sei der Neustart aber nicht so einfach gewesen, sagt Herbert Langohr von der Gruppe Wärme Schwärm. "Der Start war wohl schwierig. Die Leute wieder zu motivieren, das war nicht einfach."
Für ihren Themenwagen "Pferdekarussell" muss noch so einiges gesägt werden. Um echte Karussellpferde aufzutreiben, haben sie weder Kosten noch Mühen gescheut. Wenn man sich in der Halle umhört, kommt man schnell zu einem Fazit: Ohne die Rentner, die auch tagsüber bauen können, würde viel weniger laufen. Was seine Gruppe angeht, übt Herbert Langohr aber auch etwas Selbstkritik. "Wir sind ein Auslaufmodell. Wir haben es verpasst, die Jugend mit ins Boot zu holen. Aber wenn man sich in der Halle umschaut, sind viele jüngere Leute da. Wenn wir mal stoppen, machen die dann weiter."
Um den Kelmiser Karneval macht er sich keine Sorgen. Die Zukunft sei gesichert. "Da bin ich felsenfest von überzeugt. Wir haben auch das Glück, dass wir das ganze Jahr in der Wagenbauhalle bleiben können. Wir zahlen einen geringen Preis für Strom und so weiter. Zum Bauen können wir kommen, wann wir wollen."
Langzeitparken zum günstigen Preis. Wo gibt es das noch? Aber die Preisexplosion der letzten Monate haben auch die Wagenbauer bemerkt. "Alles ist teurer geworden. Man kann da von 20 Prozent reden. Einer kleinen Karnevalsgesellschaft tut das weh."
Die Mitgliedsbeiträge wollen die Wärme Schwärm aber trotz Preissteigerung nicht erhöhen. Rechnet man alles zusammen, kommen so um die 13.000 Euro für Wagen und Kostüme zusammen, sagt Herbert Langohr. "Unser einziger Lohn ist der Applaus. Wenn die Menschen begeistert sind und sie Spaß haben, ist das das Wichtigste."
An einer Neuigkeit arbeitet man in der Hergenrather Halle auch. D’r Küsch, die Kopie des Kelmiser Wahrzeichens aus Pappe und Stroh, die nach Ende des Rosenmontagsumzuges verbrannt wird, soll größer werden und erhält diesmal ein wiederverwertbares Innengerüst aus Eisen, erklärt Freddy Geron, von der Karnevalsgesellschaft Lustige Brüder. "So groß haben wir ihn noch nie gemacht. Er fuhr bislang immer mit im Prinzenwagen, wurde aber kaum gesehen."
Das soll nicht mehr so sein. Deshalb verspricht man sich im Zug und beim Verbrennen auf dem Koulgelände eine größere Aufmerksamkeit. Die Küsch-Tradition wird gepflegt und in Ehren gehalten. "Ich denke schon. Der wird uns alle überleben. Das will ich wenigstens hoffen. Der wird manches Feuer aushalten können", sagt Geron und lacht dabei. Aber nicht nur ‚D‘r Küsch‘ wird brennen. Im Karneval sind auch die Kelmiser ganz Feuer und Flamme.
Manuel Zimmermann