Amels Bürgermeister Erik Wiesemes ist derzeit wirklich nicht zu beneiden: Nach einem Sturz auf schneeglattem Untergrund samt Knochenbruch sind bis auf Weiteres alle Außentermine gestrichen. Erzwungenes Homeoffice für das vielbeschäftigte Gemeindeoberhaupt.
Auch die Gemeinderatssitzung am kommenden Dienstag wird sein Stellvertreter Stephan Wiesemes leiten. Auf der Tagesordnung unter anderem: die Neuvorlage der Projekte einer Kinderkrippe und eines Seniorendorfhauses im früheren Kindergartengebäude in Amel. "Das ist nicht, weil schlecht geplant worden wäre, sondern ganz einfach, weil wir in den letzten Jahren 2020, 2021, 2022 aufgrund von Corona, danach der Ukraine-Krise mit all den negativen Folgen für uns, dass wir da ständig die Dossiers nacharbeiten mussten. Das hat dann eben zur Folge, dass verschiedene Dossiers mehrmals dem Gemeinderat vorgelegt werden."
Wegen der enormen Preissteigerungen hatte die Gemeinde Amel im letzten Jahr ganz auf den Wegeunterhalt verzichtet. Denn für die veranschlagten Haushaltsmittel hätte sie bei weitem nicht das bekommen, was sie sich vorgenommen hatte. "Da hätten wir vielleicht die Hälfte der Wege realisieren können. Also haben wir gesagt: 'Okay, wir drücken auf Stopp und machen dann im nächsten Jahr einen größeren Wegeunterhalt.' Wir haben diese Summe also verdoppelt. Aus 650.000 Euro haben wir dann im laufenden Jahr 1,3 Millionen Euro gemacht, um über 20 Wegabschnitte zu erneuern."
Was wird aus den "paradiesisch" niedrigen Steuersätzen?
Auch die Beiträge zu gemeindeübergreifenden Zweckverbänden verlangen den Gemeinden immer mehr ab: ob Hilfeleistungszone, Polizei oder die Interkommunale Vivias. Die Entwicklung der Dotation oder, im Falle von Vivias, der Defizitbeteiligung gibt auch Amels Bürgermeister zu denken. "Also wir müssen schon sehen, dass einerseits natürlich die wichtigen Aufgaben, die gemeindeübergreifend sind, auch erfüllt werden. Aber auf der anderen Seite muss die Gemeinde auch noch selber Spielraum haben, um Akzente zu setzen. Das ist eine große Herausforderung und da sind wir ein Stück weit auch auf die übergeordneten Behörden wie die DG angewiesen, um eben neue finanzielle Freiräume zu schaffen, damit wir auf diesen beiden Schienen fahren können."
Über kurz oder lang werden steigende Ausgaben auch in Amel durch höhere Einnahmen kompensiert werden müssen - bis hin zu einer möglichen Aufgabe der bislang in Stein gemeißelten, "paradiesisch" niedrigen Steuersätze? "Wir müssen unbedingt neue Einnahmequellen suchen, wissend, dass die Einnahmen aus dem Holzverkauf langfristig zurückgehen werden. Also werden wir jetzt nicht versprechen, dass die niedrigen Steuersätze ewig gelten. Das können und dürfen wir nicht, das wäre fahrlässig. Der gesamte Gemeinderat - Mehrheit wie Opposition - ist hier gefordert, neue Einnahmequellen zu suchen. Das letzte Mittel ist immer eine Steuererhöhung. Wir arbeiten daran, dass dies eben jetzt nicht kommen sollte."
Stephan Pesch