Der aktuelle wirtschaftliche Kontext war bereits bei der Haushaltsvorstellung im Oktober prägendes Thema. Nachwehen der Corona-Pandemie, Wiederaufbau nach der Flut, dann der Ukraine-Krieg und auch dadurch eine massive Inflation. Vor dem Hintergrund wollte die Regierung das Notwendige mit dem Machbaren verbinden.
Notwendig ist es, die Unterstützungen an Schulen, Gemeinden oder Wohn- und Pflegeheime zu erhöhen. Denn auch dort sorgen steigende Energie- und Personalkosten für existenzielle Herausforderungen. "Als SP-Fraktion begrüßen wir daher ausdrücklich die massive Unterstützung, die wir mit diesem Haushalt dem nicht-kommerziellen Sektor zukommen lassen", sagte Charles Servaty. "Das stellt einen Kraftakt dar, allerdings, war dieser auch erforderlich, um den gesamten Sektor vor dem drohenden Ruin zu retten."
Machbar sollen, laut Regierung, die vorgezogenen Investitionen in Infrastruktur sein - zum Preis neuer Schulden. Schulen werden modernisiert oder gar neu gebaut, neuer Wohnraum wird geschaffen. Hinzu kommt finanzielle Unterstützung für die Krankenhäuser und der Glasfaserausbau.
Ministerpräsident Oliver Paasch verteidigt diese finanzpolitische Strategie. "Ich fasse das gerne zusammen. Erstens: Wir verzichten auf die schwarze Null, nehmen eine Neuverschuldung in Kauf, um eben kurzfristig helfen zu können. Zweitens: Wir ziehen jetzt massiv Investitionen in Infrastruktur vor, und neutralisieren sie, um die richtigen Lehren aus den Krisen zu ziehen und unseren Standort krisenresilienter zu machen."
Bis 2028 muss die DG so Schulden in Höhe von 724 Millionen Euro neutralisieren. Das wurde zu einem zentralen Streitpunkt der Debatte - und es gab ganz allgemein Anlass zur Diskussion, wie die DG mit ihren Schulden umgeht.
"Was bedeutet das? Nun, wir tun so als ob wir uns um diese Beträge nicht verschulden würden. Nehmen aber Anleihen auf. Die Neutralisierung ist rein buchhalterisch, die Neuverschuldung ist real." Und Freddy Mockel von Ecolo fügt hinzu: Die Handlungsspielräume werden enger und das Geld kommender Regierungen wird jetzt schon ausgegeben.
Für Freddy Cremer (ProDG) ist das eine logische Konsequenz des "massiven Investitionsprogramms". Und Investitionen so zu neutralisieren, sei in Belgien keine Ausnahme und zwinge die DG quasi dazu, Gleiches zu tun. "Warum folgt die DG dann der Praxis der anderen Gliedstaaten? Der Rechnungshof bestätigt, wie 2020, dass die DG sich selbst benachteiligen würde, wenn sie dies nicht auch tun würde."
Dass aber auch Anleihen für laufende Ausgaben gemacht werden müssen, stört die Opposition, manche sehen hier den Beginn einer Schuldenspirale. Laut Regierung soll das nur ein vorübergehender Zustand sein. Patrcia Creutz (CSP) übt trotzdem Kritik. "Wenn wir die Existenz unserer Krankenhäuser und Pflegeheime durch Schulden sicherstellen müssen, ja dann haben wir wahrlich ein Problem mit der Wahrnehmung unserer Autonomie."
Für Michael Balter (Vivant) wiederholen sich in den Haushaltsdebatten vergangene Probleme. Die DG habe schon wieder kein Geld und sammle weiter Schuldscheine. Er nahm die Mehrheit in die Pflicht - sie solle den Finanzplänen der Regierung Einhalt gebieten.
Bei all der Kritik der Opposition vermisste Oliver Paasch konkrete Alternativen. Auf welche Investitionen solle man denn verzichten, fragte er in die Runde der Abgeordneten. Gleiches wollte er für die Hilfspakete wissen. "Entweder wir schnüren Hilfspakete und nehmen dafür Schulden in Kauf, oder wir machen keine Schulden und helfen nicht. Man kann sich sowohl für die eine als auch für die andere Alternative entscheiden. Nur eines kann man nicht. Man kann nicht gleichzeitig für beide Alternativen sein."
Die DG-Regierung verteidigte ihr Vorgehen - gerade während der Krisen. Ohne Krisen hätte es einen ausgeglichenen Haushalt gegeben, der auch weiterhin Ziel bleibe, so Oliver Paasch. Für die Opposition aus CSP, Vivant und Ecolo fahre die Mehrheit jedoch nur ihren Zick-Zack-Kurs weiter - nein, die DG könne keine Krise, so das Urteil der Opposition. Die Gräben zwischen Mehrheit und Opposition sind abgesteckt, der Auftakt für den viertägigen Haushaltsmarathon ist gemacht.
Andreas Lejeune