Es ist der 29. Mai 2016. Ein Unwetter sucht den kleinen Ort Braunsbach in Baden-Württemberg heim. Aus dem Nichts schwellen kleine Bäche an. Innerhalb weniger Minuten treibt ein reißender Strom Schutt, Geröll und Schlamm vor sich her und verwüstet den Ort. Nach einer halbe Stunde ist alles vorbei. Fünf Jahre später wird die Eupener Unterstadt vom Hochwasser heimgesucht. Auch hier hinterlassen die Wassermassen Chaos und Zerstörung.
In Braunsbach ist inzwischen vieles wiederaufgebaut. Bürgermeister Frank Harsch war nun in Eupen zu Gast. Im Internat des ZFP stand er vor knapp 50 Unterstädtern. Seit Jahren besucht er verschiedene Orte, erzählt von seinen Lehren aus dem Wiederaufbau. Ein Unterfangen, das Zeit braucht. "Wir sind jetzt im sechsten Jahr. Und ich glaube, wir haben 80 Prozent des Wiederaufbaus geschafft. Vier Jahre haben wir schon noch", schätzt Frank Harsch.
"Man muss bedenken, wir haben so viele Straßen und Immobilien sanieren müssen, Kanäle und Rückhaltemaßnahmen bauen müssen. So etwas ist nicht einfach von einen Tag auf den andern gemacht. Das muss geplant werden, es müssen Anträge gestellt werden, Firmen und Ingenieurbüros gefunden werden, die so etwas überhaupt hinkriegen."
Für solch einen Wiederaufbau gibt es keine Anleitung. Was muss also alles geschehen? Hier will Frank Harsch helfen. Und er weiß ganz genau: Es braucht Initiativen von oben und von unten. "Initiativen sind entscheidend von beiden Seiten. Jeder muss gewillt sein, Lösungen zu finden."
100.000 Euro für Projekte
Wie können Bürger in den Wiederaufbau einbezogen werden? Genau diese Frage hat sich auch die König-Baudouin-Stiftung gestellt. Sie will Unterstädter zusammenbringen und Bürgerprojekte fördern, wie Projektkoordinator Freddy Genten erklärt. "Unser Ziel ist es, Leute zusammen zu bringen, damit Eigeninitiative entsteht. Damit sie Projekte entwickeln, die die Unterstadt lebenswert machen. Das ist das Ziel. Gemeinsam können wir mehr bewegen."
Es gehe nicht darum, zukünftige Fluten zu verhindern. Stattdessen sollen kleine Initiativen, die der Wiederaufbau jetzt möglich macht, gefördert werden. Dazu sieht der Bürgerfonds der König-Baudouin-Stiftung 100.000 Euro vor.
In kleinen Gruppen machten die Anwesenden Vorschläge, diskutierten über ganz verschiedene Dinge, die die Unterstadt braucht - zum Beispiel: "Sitzgelegenheiten auch für ältere Menschen. Beratung für private Häuser, also so Vorbeugemaßnahmen. Ein Thema waren die leerstehenden Häuser: Wer weiß, wo die Leute sind? Wer hat da Kontakt?"
"Es gibt die Idee: ein kleines Museum für die Flut - und überhaupt die Unterstadt touristisch mal etwas aufzuwerten, durch Ladestationen für E-Bikes, da sind doch einige Ideen hier zusammengekommen."
Die Krise kann eine Chance sein - für Braunbachs Bürgermeister Frank Harsch sind das keine leeren Worte. Dementsprechend möchte er auch die Eupener Bürger dazu ermuntern, diese Chance zu nutzen.
Aus den vorgestellten Projekten sollen nun einige ausgewählt werden: Wanderwege, Wasserrouten, ein Museum, aber auch Feste, um den Zusammenhalt zu fördern - das wären Ideen, die laut Freddy Genten realistisch sind. Die König-Baudouin-Stiftung möchte die Initiativen finanziell unterstützen. Umgesetzt werden sollen sie aber nach und nach von den Bürgern.
Andreas Lejeune