Von „Viel Lärm um nichts“ bis zu „Etwas ist faul im Staate Dänemark“: Für die CSP bediente sich Patricia Creutz – traditionell in der Einführungsrolle - fleißig bei William Shakespeare: „Mit viel Gehabe wird eine Welt schöngefärbt, die tatsächlich mit einer Modellregion nicht mehr viel gemein hat. Die Regierung legt einen Offenbarungseid ab, da sie ihren über Jahre hinweg aufgebauten Apparat aus mehreren hundert Beamten jetzt - allerdings nur aus der Not heraus - schrumpfen lässt.“
Für Vivant sprach Michael Balter der aktuellen Mehrheit rundheraus jegliche Krisenkompetenz ab. Er sah sich in seiner wiederholten Kritik an Verwaltungsaufbau und Verschuldung bestätigt. Sein Fraktionskollege Alain Mertes formulierte es so: „Vor allem mehr Geld, mehr Geld des Steuerzahlers ist in dieser Regierungserklärung zu finden. Diese Krisen deuten aber auf einen Fehler im politischen und gesellschaftlichen System hin. Doch die Regierung und die Mehrheit halten an diesem System fest. Das kann und das wird nicht funktionieren.“
Für Ecolo forderte Inga Voss „Schluss mit bloßer Symptombehandlung“ in der Senioren- und Sozialpolitik. Andreas Jerusalem wünschte sich andere Justierungen bei den Maßnahmen in der Bildung und Kinderbetreuung. Mit dem (literarischen) Hinweis auf die Geister, die man rief, kommentierte Freddy Mockel den aus der Regierungserklärung von vergangener Woche hervorstechenden Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst: „Auch die Regierung hat endlich gemerkt, dass ein Weiter so nicht mehr möglich ist. Jedenfalls was den kurzfristigen Aspekt der jetzigen Krise angeht. Allerdings hat sie auch sehr spät reagiert. Und angesichts der Lage hat sie da reagiert, wo es erst einmal am einfachsten ist mit einer Rolle rückwärts in der eigenen Verwaltung.“
Mehrheit sieht Weitsicht im REK
Während sich seine ProDG-Fraktionskollegin Kathy Elsen in ihrer Stellungnahme auf den Bildungsbereich konzentrierte, konterte Freddy Cremer den Vorwurf fehlender Weitsicht mit dem Hinweis auf das Regionale Entwicklungskonzept (REK): „Noch nie in der fast 50-jährigen Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist Politik so weitsichtig, so nachhaltig, so strategisch und so visionär gestaltet worden wie seit der Entwicklung des ersten Regionalen Entwicklungskonzepts im Jahre 2008. Und das lassen wir uns sicher nicht von der Opposition madig reden. Im Gegenteil: Wir fordern die Opposition auf, sich mit vollem Elan an diesem Prozess zu beteiligen.“
SP-Fraktionssprecher Charles Servaty, der nach längerer krankheitsbedingter Abwesenheit wieder im PDG tagte, brach außer für die Sozial- und Bildungspolitik auch eine Lanze für den öffentlichen Dienst: „Wenngleich die DG genau wie andere öffentliche Einrichtungen Einsparungen vornehmen muss, stehen wir weiter hinter ihren öffentlichen Diensten. Leider führt kein Weg an dem vorbei, was bereits vergangene Woche angekündigt wurde. Und der eine oder andere wird sicherlich mit einigen Sorgen in die Zukunft blicken. Jedoch legen wir als Fraktion weiterhin Wert auf den Erhalt guter öffentlicher Dienstleistungen.“
Bei der PFF strichen erst die Fraktionssprecherin Evelyn Jadin und dann auch Gemeinschaftssenator Gregor Freches liberale Anliegen um Wirtschaft und Mittelstand heraus, ließen an der Geschlossenheit in der Dreierkoalition aber keinen Zweifel: „In Form dieser Regierungserklärung wollen wir der ostbelgischen Bevölkerung einmal mehr vermitteln, dass wir in diesen schweren Krisenzeiten Verantwortung übernehmen und an ihrer Seite stehen", erklärte Freches. "Anders als einige Oppositionsvertreter in den letzten Tagen und auch heute behauptet haben, schaffen wir neben den dringend benötigten krisenbedingten Instrumenten auch Veränderungen und Perspektiven für die Zukunft unserer Heimat.“
Bei so viel literarischen Steilvorlagen wollten die Regierungsvertreter nicht zurückstehen: Oliver Paasch und Antonios Antoniadis zitierten sogar gleichlautend Shakespeare mit dem Ausspruch: "Niemand heilt durch Jammern seinen Harm." Dem englischen Dramenkönig dürften, wie Andreas Jerusalem versöhnlich bemerkte, die Ohren geklungen haben …
Vor der Aussprache über die Regierungserklärung hatten die PDG-Mitglieder mit dem Botschafter der Tschechischen Republik, Pavel Klucký, in französischer Sprache über die Schwerpunkte der aktuellen EU-Ratspräsidentschaft ausgetauscht.
Stephan Pesch