Auf 75.500 gemeldete Schadensfälle mit einer Gesamtsumme von etwa 2,5 Milliarden Euro hat der Branchenverband der Versicherungsunternehmen den Schaden am Montag beziffert. 30.000 Euro sollen im Schnitt pro Dossier an Entschädigungen fällig werden. Nicht weiter verwunderlich, wenn man sich vor Augen hält, dass allein fast 7.000 Fahrzeuge dem Hochwasser zum Opfer gefallen sind.
1,7 Milliarden Euro an Entschädigungen sollen die Versicherungen bis Ende Mai bereits ausbezahlt haben. 90 Prozent der eingereichten Dossiers seien geregelt. Sprich: Bei ihnen hätten sich Versicherer und Versicherungsnehmer auf eine Summe einigen können.
Von diesen 90 Prozent seien 75 Prozent vollständig entschädigt worden, weitere 15 Prozent hätten den Großteil der vereinbarten Schadenssummen erhalten. Der Rest werde folgen, sobald sie noch fehlende Belege und Rechnungen eingereicht hätten, so der Geschäftsführer von Assuralia, Hein Lannoy.
Probleme bei der Entschädigung
Es seien vor allem die einfachen Dossiers, die bisher geregelt worden seien, erklärte Philippe Godin in der RTBF. Er ist Bürgermeister von Pepinster und gleichzeitig Versicherungsmakler.
Aber es blieben eben auch noch eine ganze Reihe von Dossiers, in denen die Entschädigungen noch nicht vollständig ausbezahlt worden seien. Dafür gibt es verschiedene Gründe, wie Hein Lannoy in der VRT hervorhob: Oft fehlten noch Belege oder die Bauunternehmen und Handwerker seien nicht dazu gekommen, zeitnah Kostenvoranschläge zu machen - beziehungsweise hätte sich die Ausführung der Arbeiten verzögert.
Hinzu kommen aber noch Probleme, die vor allem in jüngerer Zeit an Brisanz gewonnen haben: Die gestiegenen Rohstoffpreise beziehungsweise Kostenvoranschläge, wie Philippe Godin betont.
Die Höhe der Entschädigungszahlungen sei oft schon vor einigen Monaten festgelegt worden. Jetzt aber stelle sich für zahlreiche Versicherte heraus, dass sie mit den vereinbarten Summen nicht hinkommen werden.
Unterversichert
Daneben gibt es aber auch noch andere Probleme: Die meisten Menschen seien zwar ausreichend versichert gewesen, aber eben nicht alle. Das Problem bei diesen unterversicherten Haushalten sei oft gewesen, dass zum Beispiel der Hausrat nicht hoch genug abgesichert war – oder sogar gar nicht in der Police enthalten war.
Man habe festgestellt, dass es den betroffenen Personen oft genug gar nicht bewusst gewesen sei, was genau und wie hoch versichert gewesen sei, so Lannoy. Er sehe da auch die Versicherungsunternehmen in der Pflicht, so der Assuralia-Geschäftsführer: Sie müssten ihre Kunden gut darüber informieren, was durch ihre Policen exakt abgedeckt sei und was eben nicht.
Risiko
Sorge bereitet den Versicherern aber darüber hinaus die Zukunft, denn die Wahrscheinlichkeit für Naturkatastrophen wie der im vergangenen Jahr nimmt zu und damit auch das finanzielle Risiko, das sie zu tragen haben.
Entweder müssten sie in Zukunft die Höhe der Entschädigungen begrenzen, warnte die Assuralia-Präsidentin Hilde Vernaillen. Oder es müsse einen Schutzmechanismus geben, bei dem der Staat gegebenenfalls mit einspringe.
Andernfalls drohten Versicherungen unbezahlbar zu werden. Das wiederum könne dazu führen, dass die Menschen aufgrund der hohen Kosten keine Versicherungen mehr abschlössen, was ja auch keiner wollen könne, so Vernaillen.
Boris Schmidt
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