Frühere Schlagabtausche aufwärmen zu können, bereitete dem Vivant-Sprecher Michael Balter hörbar Vergnügen, so etwa mit Blick auf die Jahre 2009 bis 2014. "Der damalige Ministerpräsident war bekanntlich ein Freund der Dienstreise. So reiste er im Auftrag der DG nach San Marino, Kroatien, Zypern, Dänemark, nach Irland, nach Santiago de Compostela, nach Weimar oder nach Rotterdam. Mit dem Ergebnis - und so stand es damals im Bericht: die Wahrnehmung formaler Verpflichtungen und die Vertiefung der Kontakte. Dies scheint sich bei der aktuellen Regierung etwas beruhigt zu haben."
Der so angesprochene Karl-Heinz Lambertz, inzwischen Präsident des PDG, griff den Fehdehandschuh auf, sprach von "populistischem Verwursten", von "Witze reißen" und später auch von "Lüge". "Gerade wenn man klein ist, ist man auf Zusammenarbeit angewiesen."
"Und wenn man dann auch noch in einer so spannenden Grenzregion lebt, wie wir das hier tun, dann wäre es geradezu fahrlässig, diese grenzüberschreitende, diese internationale Zusammenarbeit nicht zu einem integralen Bestandteil unserer Politikgestaltung zu machen. Es gibt überhaupt kein Thema, bei dem man nicht sehr schnell erkennt, dass es auch einen grenzüberschreitenden, einen interregionalen oder einen zwischenstaatlichen Bezug hat."
Als frischgebackener Gemeinschaftssenator argumentierte Gregor Freches für die PFF in dieselbe Richtung. "Die Frage 'Wo stände denn unsere Gemeinschaft heute ohne diese Außenbeziehungen?' scheint in meinen Augen mehr als berechtigt. Durch das Knüpfen von Kontakten, durch unzählige persönliche Gespräche sowie durch eine konstruktive Netzwerkarbeit haben unsere Vorgänger in der Deutschsprachigen Gemeinschaft diese in die Position gebracht, von der die gesamte Bevölkerung von Ouren bis Kelmis bis heute im Bereich der Autonomie zehren kann."
Für ProDG pflichtete Freddy Cremer seinem Mehrheitskollegen bei: "Wer meint, dass Außenbeziehungen für die DG nur von untergeordneter Bedeutung sind, begeht einen fatalen Denkfehler. Und ich glaube sogar ohne Übertreibung sagen zu können, dass die Infragestellung der Außenbeziehungen der DG gleichzusetzen ist mit der grundsätzlichen Infragestellung der Autonomie."
Ministerpräsident Oliver Paasch lieferte praktische Argumente, warum die DG auf diese Außenbeziehungen angewiesen sei. "Erstens, um fehlende Skaleneffekte auszugleichen. Wir sind nun mal eine winzig kleine Gemeinschaft mit Gesetzgebungshoheit. Uns fehlt es oft an Know-how oder an Möglichkeiten, bestimmte Dinge zu organisieren. Dieses fehlende Know-how, diese fehlenden Skaleneffekte können wir nur ausgleichen, indem wir mit anderen in Belgien und in Europa über den grenzüberschreitenden Kontext hinaus zusammenarbeiten."
Die DG müsse eben das Rad nicht neu erfinden, fuhr Paasch fort und erwähnte auch ihre "Brückenfunktion" zwischen Belgien und dem deutschsprachigen Ausland. Für Ecolo griff Freddy Mockel den Dialog mit den beratenden Mandataren im PDG auf. "Wir haben auch den Austausch mit den deutschsprachigen Abgeordneten des wallonischen Parlaments, der Kammer, des Senats und des EU-Parlaments."
"Die geben einen Einblick. Aber so wirklich ist das ja auch nicht der große Blick über den Tellerrand. Eigentlich sind wir dann doch, sage ich jetzt mal, unter uns. Gerade aber mit den innerbelgischen Kollegen, wenn wir schon eine Auswahl treffen müssen, denke ich, sollten wir den Austausch suchen", so Mockel.
Aufwendig gestaltet sich für ein "Feierabendparlament" wie das PDG die Gesetzgebungsarbeit mit Zustimmungsdekreten und der Umsetzung von EU-Recht, wie auch Patricia Creutz für die CSP feststellte. "Wäre nicht die Lösung, in einer anstehenden Reform den Senat zu einer echten Länderkammer zu machen und Entscheidungen dadurch gebündelt zu behandeln?"
Creutz, die auch Vorsitzende des Benelux-Parlaments ist, ließ gleichzeitig keinen Zweifel am Nutzen gutnachbarschaftlicher Kontakte und der Außenbeziehungen für das PDG: "Denn der Blick über den Tellerrand ist ein Mehrwert für unser eigenes Wirken und stärkt die Entscheidungen des Parlaments."
Stephan Pesch