Zuerst einmal sei sie froh gewesen, dass im wallonischen Parlament überhaupt ein Untersuchungsausschuss zur Hochwasserkatastrophe eingesetzt wurde, schickt Christine Mauel voraus, denn das war zunächst ja nicht sicher. Es folgten sechs Monate lang - fast jeden Freitag - Anhörungen von Experten, Behördenvertretern, Politikern ... ein echtes Mammutprogramm.
„Wir haben dann zuerst mal festgestellt, dass es ja nicht eine einzige Verantwortlichkeit gab oder ein einziges Problem, sondern dass es wirklich die Summe von vielen Versäumnissen gewesen ist", schildert Mauel. "Also gerade durch die Anhörung dieser verschiedenen Experten aus den verschiedenen Themen haben wir gemerkt, dass eigentlich in jeder Phase dieser Katastrophe irgendwie ein Problem aufgetaucht ist.“
Und anders als andere Ausschussmitglieder sieht Christine Mauel wie ihre Kollegen von der MR eine entscheidende Verantwortung im Management der Eupener Wesertalsperre - und zwar vor allem im Vorfeld der eigentlichen Katastrophe: „Hätte man jetzt nach einem Dürrejahr gearbeitet, hätte man in der Tat mehr Wasser in der Talsperre halten können. Aber hier war es jetzt wirklich ein Regenjahr. Das hat sich auch eigentlich schon so seit Mai bzw. auch schon im März, April, Mai herausgestellt."
Mauel fügt hinzu: "Ja, da wäre es eigentlich vonnöten gewesen, das Hochwasser zu regulieren, was auch eine Funktion der Talsperre ist und wo wir dann gemerkt haben: es ist eigentlich ein zu starres System in dieser Handhabungsnotiz der Talsperre vorgesehen, sodass, wenn es nicht vorgesehen war, die Talsperre zu leeren, es nicht vollzogen wurde.“
Fehleinschätzungen seien aber offensichtlich auch an anderer Stelle vorgenommen worden, wenn man berücksichtigt, dass die höchste Niederschlagsmenge wohl um Jalhay gemessen wurde und Bachläufe wie die Hoëgne ungewöhnlich viel Wasser mitführten: „Es war eine sehr erstaunliche Gegebenheit, die wir da festgestellt haben, dass es doch nicht so gut möglich ist, das wirklich auch einzugrenzen, wo jetzt welche Regenmenge runterkommt“, so die ostbelgische MR-Regionalabgeordnete.
Ja, und dann wäre da für Christine Mauel das eigentliche Krisenmanagement im Krisenzentrum, wobei - so Mauel - „das eigentlich sehr schlecht seinen Namen trägt, weil es im Grunde keine Verantwortung trägt und auch teilweise die lokalen Behörden falsch beraten hat.“
Bei der unmittelbaren Rettung und Nothilfe ließ dann unter Umständen noch das verfügbare Material zu wünschen übrig: „Es wurde zwar nicht zu wenig investiert, aber dann in die falschen Sachen investiert. Was jetzt diese Katastrophe angeht, hätte man jetzt Jetski oder Boote gebraucht …“
Ganz zu schweigen von der Rolle des Faktors „Mensch“ - so waren manche Verantwortliche in der Urlaubszeit ganz einfach nicht da, berichtet Mauel: „Man hätte da auch die Verantwortlichkeiten besser übertragen sollen auf stellvertretende Beamte. Oder auch bei den Bürgermeistern haben wir festgestellt, dass manche besser die Probleme bearbeitet haben als andere. Zum Beispiel in Verviers war es ein großes Problem, dass da auch nicht richtig mit der Verantwortung umgegangen wurde.“
Um für ähnliche Fälle gerüstet zu sein, gehen die Empfehlungen darum unter anderem dahin, die Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst der Wallonischen Region besser zu vernetzen, schildert Mauel: „ … dass sie wirklich besser untereinander kommunizieren müssen, denn im Moment funktioniert die wallonische Verwaltung wirklich wie einzelne Silos und es gibt keine Verbindung zwischen diesen einzelnen Verwaltungen und Direktionen."
Das bedeute, fügt sie hinzu: "Es muss wirklich von der obersten Generaldirektorin der wallonischen Verwaltung bis zu der Person, bis zu dem Beamten, der wirklich die Handhabungsnotiz der Talsperre umsetzen muss, muss es wirklich ein Verantwortungsbewusstsein geben. Und das, denke ich, war wirklich das Problem. Es gibt nicht zu wenig Mitarbeiter, das haben wir feststellen können, sondern jeder muss wirklich in seine Verantwortung gehen …“
Und dafür, fügt Christine Mauel als eine für sie besonders wichtige Empfehlung an, müssten die Menschen geschult werden: "Es gibt ja zahlreiche Situationen, wo man sich einfach als Mensch auch untereinander auf andere Menschen verlassen können muss. Und das ist jetzt wirklich auch hier der Fall, sodass wirklich alle diesen Schulungen unterzogen werden sollen, damit wir einfach eine breitere Ebene von Personen schaffen können, die im Falle einer Katastrophe wissen, was zu tun ist.“
Stephan Pesch