Hubert Bosten, wie bewerten Sie die aktuelle Lage?
Das ist schon eine Überraschung, dass es zu einer solchen Eskalation gekommen ist, da es doch viele diplomatische Bemühungen gab, um den Frieden zu halten. Ich habe heute Morgen noch mit unserem russischen Geschäftsführer persönlich telefoniert. Wir haben in Russland hundert Mitarbeiter. In Kiew haben wir außerdem ein kleineres Verkaufsbüro. Dort sind zwei Mitarbeiter tätig und denen gilt meine Sorge.
Was berichten Ihre Mitarbeiter?
In Kiew ist die Situation angespannt. Die Leute sind extrem nervös, die Straßen verstopft und man macht sich schon entsprechend Sorgen. Wir haben unseren beiden Mitarbeitern natürlich Hilfe angeboten.
In Russland ist die Situation zurzeit absolut ruhig. Die Geschäfte laufen normal, unsere Produktion läuft normal. Wir haben im Moment zwei Mitarbeiter aus Belgien vor Ort, die am Wochenende zurückkommen werden. Das war entsprechend geplant und da machen wir uns vorerst keine allzu großen Sorgen, was die Sicherheit angeht.
Aber natürlich ist die Nervosität insgesamt sehr hoch. Und ich glaube, auch in Russland machen sich die Menschen Gedanken, was für sie wirtschaftlich die Konsequenz sein wird - genau wie für uns hier in Westeuropa. Wird die Inflation noch mal ansteigen? Wird der Konflikt weiter eskalieren? Und vor allen Dingen: Sind Menschenleben gefährdet? Das ist natürlich die absolute Katastrophe.
Die EU hat Sanktionen gegen Russland angekündigt. Wenn diese Sanktionen kommen, dann wird das auch Auswirkungen auf ihre Geschäfte haben, oder?
Das ist nach heutigem Stand schwer abzuschätzen. Wir gehören sicherlich nicht zu den kritischen Bereichen. Mit unseren dekorativen Zierprofilen oder hoch dämmenden Isolationsrohren kann man keinen Krieg führen. Von daher bin ich nicht sicher, ob wir von Sanktionen betroffen sein werden. Wenn allerdings das Finanzsystem insgesamt beeinträchtigt wird, dann ist auch NMC wirtschaftlich betroffen.
Aber heute gilt meine Sorge hauptsächlich den Menschen, dass keiner zu Schaden kommt. Und ich denke vor allen Dingen auch an die vielen Opfer, die dieser Konflikt bringen wird.
Sprechen wir noch mal kurz über diese Produktionsstätte in Moskau selber. Wie groß ist diese Produktionsstätte?
Das ist für uns ein wichtiger und strategischer Standort. Wir haben ein Verkaufsbüro in Moskau selber. Im Süden von Moskau sind wir mit einigen Maschinen tätig. Wir haben insgesamt in Russland 100 Mitarbeiter. Das ist ein wichtiger Markt für uns, gerade im Bereich Dekoration. Unsere Zierprofile sind in Russland sehr populär und es ist ein Wachstumsmarkt.
Wir haben dort jahrelang sehr gut gearbeitet und sind sehr froh, dass wir ein sehr stabiles Management haben. Unser Geschäftsführer in Russland arbeitet seit 18 Jahren für NMC. Von daher haben wir auch menschlich sehr enge Beziehungen zu vielen Mitarbeitern in Russland. Und wie gesagt, da ist natürlich heute kein besonders guter Tag für uns.
lo/est