Es gehe nicht um die Frage, ob es sinnvoll ist, Kinder mit zweieinhalb Jahren in den Kindergarten zu schicken oder nicht, stellte Colin Kraft (CSP) gleich zu Beginn der Themendebatte fest.
Seine Fraktion habe die Entscheidung dafür schon im Juni 2018 mitgetragen - unter der Bedingung, dass offene Fragen beantwortet würden. Er stelle sich nun aber die Frage, ob die Regierung ihre Hausaufgaben gemacht habe: "Sie können das jetzt drehen wie Sie möchten, aber irgendwas läuft hier schief. Zumal die Bedenken ja nicht so sehr von der Oppositionsbank kommen, sondern die Bedenken kommen ganz klar von den Akteuren."
Für die ProDG, der ja auch Unterrichtsminister Harald Mollers angehörte, unter dem die Reform eingeleitet wurde, räumte Liesa Scholzen durchaus ein, dass noch einiges zu tun sei und noch nicht jede Kindergärtnerin sich optimal vorbereitet fühle: "Allerdings haben wir auch noch zweieinhalb Jahre Zeit, um diese Vorbereitungen zu treffen und den Akteuren diese Zeit zu geben", sagte Scholzen, "Ängste schüren hilft niemandem. Ja, es wird eine Umstellung. Aber jetzt ist auch der Moment, die Sache konstruktiv anzupacken und Schwierigkeiten zu beheben."
Alain Mertes (Vivant) nannte als "Baustellen" den Personalschlüssel, das Thema Sauberkeit und den Faktor Zeit. Ein Kindergarten sei auch keine Kindertagesstätte, so Mertes: "Wenn wir jetzt Wickeltisch und Bettchen in die Kindergärten geben, ist das das falsche Signal. Ja, quasi eine Einladung an etliche Eltern. Hier wünschen wir uns eine klare Aussage der Politik, welche Eltern an ihre Verantwortung erinnert und Kindergärtnerinnen Rückendeckung gibt."
Für Charles Servaty und die SP-Fraktion müssen sowohl die räumlichen als auch die organisatorischen, sprich besonders die personellen Voraussetzungen stimmen: "Voraussetzung für das Herabsenken des Kindergarteneintrittsalter ist die Schaffung guter Rahmenbedingungen für Kinder. In dem Alter bestehen aktuell bereits Angebote. Es sollte also nicht um jeden Preis ein Angebot geschaffen werden. Nein, nicht um jeden Preis irgendein Angebot für alle Kinder, sondern das beste Angebot für jedes Kind."
Sowohl Servaty als auch Andreas Jerusalem nahmen - "ganzheitlich" - auch die Kleinkindbetreuung in den Blick. Die wichtigste Forderung ist aus Sicht des Ecolo-Politikers der Betreuungsschlüssel, also das Verhältnis zwischen der Anzahl Kinder und "pädagogisch gründlich ausgebildetem Personal", so Jerusalem: "Klassen mit 23, 24, 25 Kindern sind in unseren Kindergärten heute schon Realität und keine Ausnahme. Und das ist heute schon viel zu viel. Mit den Zweieinhalbjährigen, die einfach noch mehr Zuwendung brauchen, werden diese Zahlen in der Realität in der Klasse noch größer. Und hier müssen wir gegensteuern."
Es werde aber sicher keine Invasion von Zweieinhalbjährigen geben, relativierte Gregor Freches für die PFF, zumal der Besuch des Kindergartens auf Freiwilligkeit beruhe: "Nüchtern betrachtet besteht heute bereits die Möglichkeit, die Kinder, die bis zum Ende des Kalenderjahres drei Jahre alt werden, ab dem 1. September des laufenden Jahres in den Kindergarten zu bringen. Kinder, die zum Beispiel am 31. 12. geboren sind, dürfen mit zwei Jahren und acht Monaten aufgenommen werden. Sind also nur zwei Monate älter als die Zweieinhalbjährigen."
Bildungsministerin Lydia Klinkenberg (ProDG) riet jedenfalls davon ab, die Herabsetzung des Eintrittsalters zu überdenken: "Ich hege keinen Zweifel daran, dass was andernorts in Belgien gut funktioniert und auch hier bis in die 1990er Jahre gang und gäbe war, auch in Ostbelgien umsetzbar ist. Nicht zuletzt auch, da wir uns sechs Jahre Vorlaufzeit gegeben haben und in unseren Schulen günstigere Personalnormen anwenden als unsere Nachbarregionen."
Klinkenberg kündigte weitere Gespräche mit Kindergärtnerinnen an und eine zweite Dialogveranstaltung. Sie blieb aber auch formell: Im Schuljahr 2024/25 werden sich die Kindergärten in der DG für alle Zweieinhalbjährigen öffnen.
Stephan Pesch