Viele Jahre war es sein erklärtes Ziel, dass die Gemeinde "schuldenfrei" wird. Bei der Vorstellung des neuen Haushalts kurz vor dem Jahreswechsel erklärte Bürgermeister Friedhelm Wirtz, dass Büllingen sich zumindest vorübergehend vom Status "schuldenfreie Kommune" verabschiede: "Vorab möchte ich sagen, dass die Betonung auf vorübergehend liegt, denn wir können da auf lange Sicht nicht weiter auf Schulden fahren. Ich habe es in der Haushaltsdebatte auch mehrfach erklärt: Wir möchten ganz einfach die Gunst der Stunde nutzen."
Diese "Gunst der Stunde" erklärt Friedhelm Wirtz zunächst mit einem guten Haushaltsergebnis, auch dank des guten Holzverkaufs. Außerdem seien angesichts der herrschenden Krisensituation die strengen europäischen SEC-Haushaltsnormen gelockert worden und die Deutschsprachige Gemeinschaft wolle investieren.
Und schließlich sei die Aufnahme von "Fremdkapital", wie es Wirtz nennt, nach wie vor äußerst günstig: "Also das sind drei Elemente, die für mich ganz klar ein Signal sind, zu sagen: So, jetzt ist der Moment - now or never, jetzt müssen wir den Weg gehen und in die Infrastrukturen investieren. Denn auch das ist in die Zukunft investiert und das sollten wir tun. Der Gemeinderat ist auch in diesen Vorstellungen gefolgt."
Fast elf Millionen Euro sind alleine für Investitionen eingetragen - darunter Großprojekte wie der Neubau eines Bauhofes, der Anbau am Kindergarten Büllingen oder die Sanierung der Sporthallen in Rocherath und Büllingen - mit angegliedertem Dorfhaus.
Der gemeinsame Windpark mit der Gemeinde Amel, der auch als langfristige Einnahmequelle gedacht ist, liegt zum Bedauern von Wirtz derzeit auf Eis. Beim bestehenden Windpark Bolder-Biert will er mit dem Betreiber Engie-Electrabel nachverhandeln. "Die Vertragsbedingungen, die wir damals ausgehandelt haben, waren damals sehr gut, sind aber mittlerweile längst überholt. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass das ein guter Windpark ist, dass da gute Geschäfte gemacht werden. Ich bin auch überzeugt, dass man da mit dem Betreiber reden kann."
Widerspruch aus den eigenen Reihen ist bei so einem Vorschlag sicher nicht zu erwarten. Aber auch zu anderen Themen findet im Büllinger Gemeinderat kaum eine Aussprache oder Debatte statt - das liegt nicht nur daran, dass er wegen Corona in hybrider Form tagt: ein Teil der Mitglieder im Ratssaal, ein Teil von zu Hause aus.
Friedhelm Wirtz verweist aber auf Arbeitsgruppen und Fraktionssitzungen. "Es gibt in Büllingen die Diskussion, die Debatte. Allerdings findet sie dann leider Gottes nicht in der öffentlichen Sitzung so statt, wie es sich vielleicht der eine oder andere wünscht. Das ist aber der leidigen Situation geschuldet, dass wir nur eine Liste hatten und da würde ich sagen, daran sind alle schuld, aber sicherlich nicht die 17, die hier im Gemeinderat sitzen."
Inwiefern sich daran in drei Jahren etwas ändert, bleibt abzuwarten. Auch für sich selbst hat Friedhelm Wirtz noch keine Entscheidung getroffen: "Ich habe einige Amtszeiten hinter mir jetzt und es wäre sicherlich die Möglichkeit, aufzuhören. Ich werde aber darüber zu gegebener Zeit nachdenken und auch im Einverständnis mit denen, die mir nahe stehen und die vielleicht auch ein Wörtchen mitreden sollten, eine Entscheidung treffen."
Stephan Pesch