"Die Freude überwiegt. Denn das zeigt unsere Einschätzung der Lage auch, dass wir diese Maßnahme für unverhältnismäßig gehalten haben und der Staatsrat hat jetzt auch so entschieden", sagt Roger Hilgers, Spieler und Geschäftsleiter des Agora Theaters. "Ich finde es vor allem ein wichtiges Signal, dass der Rechtsstaat funktioniert und wir in einer funktionierenden Demokratie wohnen, leben und arbeiten."
Es gehe aber nicht um Sieg oder Niederlage, so Hilgers: "Ich möchte das an dieser Stelle betonen: Die Pandemie ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Und es geht da nicht um Grabenkämpfe oder Verteidigung der eigenen Interessen um jeden Preis. In meinen Augen entscheiden die gewählten Volksvertreter grundsätzlich nach bestem Wissen und Gewissen und haben auch diese Entscheidung getroffen. Wenn man jetzt wie in Belgien in einer funktionierenden Demokratie das anfechten möchte, so hat man das Recht und die Möglichkeit, als Bürger oder auch als Vereinigung oder Institution diese Entscheidung zu hinterfragen."
Roger Hilgers hat sich am Mittwochmorgen direkt auf den Weg nach Brüssel gemacht, wo die Agora beim Kindertheaterfestival auftritt. "Unser Stück 'Die seltsame und unglaubliche Geschichte des Telemachos' zeigen wir heute zweimal im Theater Balsamine in Brüssel. Da hatten wir auch auf Verdacht dran festgehalten und der Veranstalter war da auch bereit zu oder hat selber gesagt, er wird das gerne veranstalten, auch vor dem Beschluss von gestern."
"Und das muss man sich vor Augen führen. Das ist das zweitwichtigste Kinder- und Jugendtheaterfestival. Da kommen Hunderte innerbelgische und ausländische Veranstalter hin. Es ist also ein ganz wichtiges Schaufenster, auch um die Stücke danach weiterzuverkaufen. Das ist ja auch unser Ziel, dass viele Zuschauer das sehen, wir sind auch wirtschaftlich davon abhängig."
Die Premiere des neuen Stücks der "Jungen Agora" kann jedoch nicht wie ursprünglich geplant am 8. und 9. Januar stattfinden. Auch, weil ein Corona-Fall im Ensemble die Proben zusätzlich verzögert hat. Deshalb hält das Theater am neuen Premiere-Termin Anfang März fest.
Sieg für Kultursektor – auch andere Branchen erwägen Anfechtung der Beschlüsse
Als ein Wechselbad der Gefühle beschreibt Rainer Stoffels vom Kino Scala in Büllingen die Entwicklung der letzten Tage in der Kulturbranche. Nachdem das Kino letzte Woche aufgrund der Entscheidung des Konzertierungsausschusses schließen musste, konnte es am Mittwochmittag wieder starten. Eine Herausforderung:
"Wir hatten ja das gesamte Programm, das wir vorgesehen hatten für die Weihnachtsferien, annulliert. Es hieß jetzt, in Rekordtempo wieder alles vorzubereiten, damit wir heute startklar sind", so Stoffels. "Wir haben insgesamt acht Filme. Das war auch so geplant, die wir heute unseren Kunden präsentieren. Und da haben wir fast die ganze Nacht gearbeitet, um das wieder auf die Beine zu bekommen, damit die Vorstellungen ordnungsgemäß ablaufen können."
Eine zweite Herausforderung war, das Personal wieder zu rekrutieren. "Also jeder, der bei uns mithilft und tätig ist, hatte sich darauf eingestellt, quasi in eine Zwangspause zu gehen. Und ja, das musste alles aktiviert werden. Aber da war nicht viel Überzeugungsarbeit nötig. Alle, die bei uns mitarbeiten, waren begeistert, dass es heute wieder losgeht."
Die ersten Vorstellungen starteten bereits um 12:30 h in zwei Sälen. Dann geht es im Dreistunden-Takt weiter mit Familien- und Actionfilmen. Rainer Stoffels hofft, dass auch die Zuschauer sich auf die schnelle Wiedereröffnung einstellen.
"Also wenn wir uns jetzt die Reaktionen unserer Besucher anschauen, als wir geschlossen wurden und auch jetzt, seitdem wir ankündigen, dass wir öffnen, haben wir das Gefühl, dass dann doch wieder eine ganze Reihe unserer Gäste den Weg zu uns ins Kino finden werden."
Michaela Brück