Mancher wird sich beim Weihnachtsverdauungsspaziergang gewundert haben, am Himmel das für diese Vogelart typische "Trompeten" zu hören und die ungewöhnlich niedrig fliegenden V-Formationen der Kraniche zu erblicken. Gehören die nicht längst durchgezogen auf ihrem Weg in die Winterquartiere im Süden?
"Das ist eine typische Kälteflucht. Kraniche, die versucht haben, in Norddeutschland zu überwintern, wurden von der Polarkälte, die dort eingeflossen ist, überrascht und haben sich dann kurzfristig entschlossen, doch nach Süden zu fliegen", erklärt David Kever, Kranichexperte bei Aves Ostkantone.
So außergewöhnlich sei das nicht, sagt David Kever. "Was aber schon bemerkenswert war ist die Menge an Kranichen, die da über Deutschland und Belgien vor der Kälte geflohen ist."
Es sei festzustellen, dass immer mehr Kraniche den Winter in Nord- oder Ostdeutschland oder auch in Polen verbringen – was auch damit zusammenhänge, dass es ganz einfach viel mehr Kraniche gibt. "Die Population der Kraniche hat sich in den letzten 40 Jahren quasi verzehnfacht. Und deswegen versuchen auch jetzt Kraniche, in Norddeutschland zu überwintern. Die finden auch genügend Futter."
Die zuletzt milden Winter bremsen eh den Reisedrang bei den Zugvögeln. "Das sind Kraniche aus Niedersachsen. Dort herrschte sehr schönes, kaltes Wetter mit gutem Rückenwind aus Nordost. Die Kraniche sind unter sehr guten Wetterbedingungen gestartet, sind aber im südlichen Nordrhein-Westfalen und in Belgien in schlechtere Bedingungen hineingeflogen. Das heißt mit einer niedrigen Wolkenbasis, mit Nebel. Das wirkte wie eine Barriere und die Kraniche haben sich Rastplätze suchen müssen, weil sie einfach nicht weiter kamen."
So konnten in den vergangenen Tagen viele Kraniche dabei beobachtet werden, wie sie sich erst einmal niederließen, zum Beispiel an der Talsperre in Eupen, am Flugplatz von Spa, im Venn bei Sourbrodt oder auch im Ameltal.
Auch wenn die Wetterprognosen für die kommenden Tage weiter milde Temperaturen vorhersagen, dürfte nach Einschätzung von David Kever daraus kein Aufenthalt von längerer Dauer werden. "Wenn Kraniche länger bei uns bleiben, dann meistens, weil sich der Nebel nicht auflöst und das Wetter zu schlecht ist. Dann sind sie gezwungen, bei uns etwas länger zu bleiben. Aber das ist eher selten."
Für diejenigen, die dann doch noch das Glück haben sollten, eine Ansammlung von Kranichen zu sehen, hat der Vogelkundler einen praktischen Tipp: "Man sollte schon sehr achtsam sein. Kraniche haben eigentlich eine relativ große Fluchtdistanz. Also wenn man sich zu sehr annähert, dann könnte man die Tiere aufscheuchen."
"Man sollte sie besser aus größerer Entfernung beobachten und am besten noch aus dem Auto, da haben die Kraniche weniger Angst." Anders als beim Schornsteinfeger, der fürs Glückbringen berührt werden will, reicht bei den "Vögeln des Glücks" ja vielleicht schon der bloße Anblick.
Stephan Pesch
Hallo BRF-Team,
Euren Beitrag zu den Kraniche kann ich aus eigener Beobachtung bestätigen. Ueber Trier und Konz sind seit 25.12. ungewöhnlich viele geflogen auffallend spaet im Jahr. Ausserdem um die Mittagszeit, was eher für die Rückkehr im Frühjahr typisch ist. Bei mir in Konz kam ich sie besonders gut beobachten, da sie die Saarmuendung als Orientierung nehmen und über ihr ihre Formationen neuzusammensetzen.
Es gibt übrigens eine sehr gute Homepage nur rund um diese wunderbaren Tiere, betrieben vom "Kranichinformationszentrum" in Gross Mohrdorf bei Stralsund. Muss man nur in der Suchmaschine eingeben, dann bekommt man sie direkt angezeigt.
Viele Grüße von der Mosel
Elmar Hasport