Die Debatte begann direkt mit einer gehörigen Portion Kritik. Mit der sparte der CSP-Politiker Colin Kraft nämlich nicht, als er sich an Bildungsministerin Lydia Klinkenberg wendete. Er störte sich am Kommunikationsstil: Vieles erfahre man erst aus der Presse oder den sozialen Medien. Daneben würden die Sprachkompetenzen immer mehr nachlassen. Und auf die Vorschläge der CSP würde die Regierung auch nicht hören.
Die hatte schon länger erhöhtes Stundenkapital in den Schulen gefördert, um Lernrückstände der Corona-Krise aufzuholen. Das geschah dann auch, für Colin Kraft jedoch zu spät. "In der letzten Regierungskontrolle, Frau Ministerin, konnten Sie mir meine Frage bestätigen, dass die Regierung es am Ende doch gemacht hat. Nur zu welchem Preis? Wie viele Kinder und Jugendliche haben das neue Angebot über Wochen und Monate nicht nutzen können? Das Ganze nur, weil die Regierung zu bockig war, unseren Vorschlag direkt umzusetzen."
Die Regierung habe das Projekt gut überlegt und im Austausch ausarbeiten wollen, so die Antwort von Liesa Scholzen (ProDG). Sie wandte sich in ihrem Beitrag zu großen Teilen der Förderpädagogik zu. Ein immer wiederkehrendes Thema am Donnerstagabend. In dem Bereich steht eine Reform an. Zurzeit sind die Förderpädagogen in den Grundschulen angegliedert, die Integrationslehrer jedoch an den Förderschulen. Eine neue Einrichtung soll diese Expertise nun bündeln und zentralisieren, "um Trägerstrukturen zu überwinden, Kräfte zu bündeln und die Förderpädagogik nach vorne zu bringen", so Scholzen.
"Anscheinend scheint das manchen immer noch nicht klar zu sein, trotz aller Bemühungen in den letzten Jahren. Und darum sage ich es nochmal ganz deutlich: Wir stehen für Inklusion. Und ich hoffe, dass wir das hier fast parteiübergreifend tun. Da gibt es auch kein Aber, das diese Aussage relativiert. Wir müssen allerdings dafür sorgen, dass es echte Inklusion ist. Und nicht das Parken von Kindern in Regelgrundschulen, die dann da nicht vernünftig gefördert werden. Denn das ist keine Inklusion."
Eben jene neue Einrichtung nimmt Ecolo-Politiker Andreas Jerusalem direkt in die Pflicht. "Wir erhoffen uns von der neuen paragemeinschaftlichen Einrichtung sehr, dass sie diese Schritte ermöglicht. Hier muss die Zusammenarbeit aller Akteure organisiert werden, so dass die Hilfe wirklich beim Kind ankommt, alle am Lernprozess beteiligt sind und in Kooperation gut und flexibel zusammen arbeiten können. Also Regelschullehrer, Förderpädagogen, Erzieher, die Experten aus den Kompetenzzentren und das paramedizinische Personal."
Seine Forderungen gingen weiter: ein inklusive Schule in jeder Gemeinde, und das innerhalb der nächsten fünf bis sieben Jahren. Auch sollen Klassen doppelt besetzt werden, sprich mehr Lehrpersonal. Im Kontext des Fachkräftemangels keine einfache Aufgabe.
Alain Mertes (Vivant) sprach das Worst-Case-Szenario an. "Was passiert, wenn wir den Lehrermangel nicht beseitigen können? Viele Maßnahmen greifen nicht oder bringen nicht den erwünschten Erfolg. Es ist vielleicht auch Zeit, sich die Frage zu stellen, wie Unterricht gelingen kann, mit größeren Klassengrößen. Ich betone: Es ist nicht unser Wunsch, dorthin zu kommen. Aber es ist vielleicht die Not oder die Realität, die uns dazu zwingen wird, uns diese Frage zu stellen."
Laut Bildungsministerin Lydia Klinkenberg soll ein Stipendiensystem Abhilfe schaffen. Sodass sich mehr Menschen für den Lehrberuf und den Standort Deutschsprachige Gemeinschaft entscheiden. "Wir möchten ein Stipendiensystem für Mangelberufe einrichten, darunter Lehrer und Pflegeberufe. Das Ganze wird noch in dieser Legislaturperiode erfolgen, und so gestaltet sein, dass man ein Stipendium erhält, das rückzahlbar ist, insofern man sich nicht verpflichtet, fünf Jahre lang in Ostbelgien zu arbeiten."
Auch die Kleinkindbetreuung war Thema. Die selbstständigen Tagesmütter hatten bereits das Vollstatut, und damit einhergehend mehr finanzielle und rechtliche Sicherheit erhalten. Nun sei es Zeit, dass auch die konventionierten Tagesmütter eben jenes Statut erhalten würden, forderten gleich mehrere Fraktionen.
Das soll, laut Lydia Klinkenberg bis Anfang 2023 geschehen. "Es ist mir sehr bewusst, dass diese Forderung schon seit vielen Jahren im Raum steht. Nun wird sie endlich umgesetzt werden können. Darum bitte ich Sie, uns noch dieses eine Jahr zu gewähren, um diese Dekretgrundlage ausarbeiten und mit entsprechendem Leben füllen zu können."
Im Anschluss an die Diskussion um die Investitionsbereiche des Ausschusses III folgte eine Abschlussrunde, die im Vergleich zu dem bereits Gesagten jedoch nichts Neues hervorbrachte. Der Haushalt wurde, wie erwartet, mit den Stimmen der Mehrheit angenommen.
Andreas Lejeune