Es gibt etwas zu feiern in Malmedy: Vor 100 Jahren wurde aus der Pfarrkirche eine Kathedrale. Wie es dazu kam? Dazu muss man etwas in die Vergangenheit schauen: in das Jahr 1920. Ein Jahr, in dem es um die Zukunft der Kantone Eupen und Malmedy ging.
"Der belgischen Regierung war es damals ein Anliegen, die mögliche Einflussnahme des deutschen Klerus, insbesondere von Seiten des Erzbischofs von Köln, auf die Bevölkerung zu unterbinden. Hintergrund war ja die Volksbefragung", erklärt Wilfried Jousten.
Das Ergebnis ist bekannt: Eupen und Malmedy wurden belgisch. Politisch wurde das Gebiet über das Gouvernement Baltia verwaltet. Auch auf konfessioneller Ebene forderte die belgische Seite, das Gebiet müsse einem belgischen Bischof unterstellt werden, so Wilfried Jousten.
"Nachdem der Völkerbundbeschluss im September 1920 beschlossen worden war, hat es noch ein Jahr gedauert, bis die Entscheidung umgesetzt wurde, das Gebiet zu einem eigenen siebten belgischen Bistum zu erheben. Es hat allerdings einer besonderen Formulierung bedurft. Nämlich hat der Vatikan gesagt, das Gebiet würde ein eigenes Bistum werden, eigenständig neben dem Bistum Lüttich. Aber mit der Besonderheit, dass der Bischof von Lüttich auch der Bischof von Eupen-Malmedy ist."
Seit 1902 residierte Bischof Rutten in Lüttich, 1921 übernahm er dann das Bistum Eupen-Malmedy. Ein Fenster mit seinem Wappen erinnert heute noch an den einzigen Bischof des Bistums. Warum der einzige? Die Geschichte des Bistums endet schnell.
Erst 1923 wird die für die Kathedrale namensgebende "Cathedra", also der Bischofssitz in der Kirche, installiert. Im gleichen Jahr denkt man bereits über die Auflösung des Bistums nach: "Hintergrund war, dass das Sondergouvernement ja auch aufgelöst werden sollte. Da hatte die belgische Regierung gesagt: "Wenn es kein Sondergouvernement mehr gibt, dann gibt es auch keinen Grund, ein Sonderbistum mehr zu haben'", sagt Wilfried Jousten.
1925 erklärte eine päpstliche Bulle die Eingliederung in das Bistum Lüttich. Die Entscheidung wurde allerdings nicht veröffentlicht. Klammheimlich fand das Sonderbistum sein Ende. Und so war es, dass Malmedy eine eigene Kathedrale hatte - und immer noch hat, zumindest, wenn es nach der Bevölkerung geht.
Eupen spielte laut Wilfried Jousten nur eine Nebenrolle: "Eupen hatte sich durchaus berechtigte Hoffnungen gemacht. Denn der Papst hatte in der Bulle nicht geschrieben, wo das Bistum seinen Sitz nehmen müsste. Es hieß nur: im Hauptort. Da Eupen zahlenmäßig an und für sich größer war, machte man sich schon Hoffnungen. Aber der Nuntius hatte das eigentlich von vornherein ausgeschlossen und Malmedy ausgewählt."
Andreas Lejeune