Der Mirfelder Heinrich Thiel war elf Jahre alt, als ein Flugzeug der US-Armee neben seinem Elternhaus abstürzte. Der 88-Jährige kann sich gut erinnern, an den 17. Dezember 1944, als er den qualmenden Flieger - an einem bislang ruhigen Tag - am Himmel sah.
"Da sah man auf einmal, dass ein Flugzeug ein bisschen brannte", erzählt Thiel. "In dem Moment, als das brannte, sprang der Pilot mit dem Fallschirm raus. Das Flugzeug kam immer näher. Die Nachbarskinder liefen in ihre Häuser. Als ich bei uns im Keller war, habe ich gerufen: Es geht ein Flugzeug auf unser Haus nieder. Als ich einen Krach hörte, dachte ich: 'Es ist aber nicht auf dem Haus gekommen, sonst hätte das mehr gekracht'."
Nicht auf das Haus, aber direkt daneben stürzte das Flugzeug letztendlich ab. Auch sein Nachbar Josef Schommers sah den Absturz mit eigenen Augen. "Da war ein Flugzeug, das war am brennen. Da sprang der Pilot heraus, das Flugzeug fing an, sich zu überschlagen, aber gemütlich. Es stürzte nicht direkt runter", berichtet er. "Ich war von den Kindern das jüngste und habe mich hinter einem Buchenbaum versteckt, weil ich dachte: 'Wenn der Pilot kommt, dann bist du dran'. Als die Maschine kaum am Boden war, kam die SS."
Der Pilot ist verschwunden. Das Flugzeug hingegen bleibt noch jahrelang auf der Wiese stehen - bis Althändler das Meiste mitnehmen. Doch zwei große Teile stehen noch heute in Mirfeld in einer Scheune.
Gerd Schommers, der Sohn von Josef, bracht den Fall nach knapp 80 Jahren mit einem Foto-Post dieser Blechteile auf Facebook wieder ins Rollen. Die Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel wurde auf den Fall aufmerksam. "Die Nummer auf diesem Blechteil, das Gerd Schommers dargestellt hat im Internet, ist die Seriennummer der Maschine und damit konnten wir den Fall auch sehr schnell klären", erklärt Frank Güth von der Arbeitsgemeinschaft.
Es steht also mittlerweile fest, wer der Pilot war, dass die Maschine eine P38 Lightning war und dass sie bei einem Luftkampf bei Dahlem in der deutschen Eifel getroffen wurde. Dennoch gilt der US-Soldat weiterhin als vermisst. Seine Identität muss geheim bleiben - solange bis seine Überreste gefunden werden.
Was mit dem Piloten nach dem Absturz geschehen ist, lässt sich aber nur erahnen. Zu seinem Pech waren deutsche Truppen genau am Tag des Absturzes in Mirfeld eingetroffen. "Der Pilot ist abgesprungen. Das haben die Zeugen bestätigt. Aber er ist abhanden gekommen", sagt Güth. "Was mit ihm passiert ist, kann man nur vermuten: Wahrscheinlich ist er von Truppen der deutschen Seite aufgegriffen worden und ums Leben gekommen."
Auch die beiden Augenzeugen Josef Schommers und Heinrich Thiel fragen sich, was mit dem US-Soldaten wohl geschehen ist. "Die deutschen Soldaten sollen den gefunden haben, wurde oben in der Wirtschaft erzählt", so Heinrich Thiel.
"Die sagten: 'Wir dürfen keine Gefangenen machen'", sagt auch Josef Schommers. "Aber der Soldat kann sich ja auch gewehrt haben", gibt Heinrich Thiel zu bedenken. "Aber es fehlt jede Spur von der Erkennungsmarke. Den Fallschirm hat man gefunden. Von dem Soldaten haben wir nichts gesehen."
Die Spurensuche geht also weiter. Die Arbeitsgruppe Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel e.V. hat deshalb einige konkrete Fragen an die Bevölkerung in Mirfeld und Umgebung: Gibt es noch Augenzeugen, die den Absturz seinerzeit wahrgenommen haben? Hat jemand den Fallschirmabsprung und/oder den Verbleib des Piloten gesehen? Oder gibt es Hinweise auf weitere Flugzeugabstürze in der Region?
Der Kontakt zum Verein ist möglich per Mail an info@luftkriegsgeschichte.org oder telefonisch unter 0049 151 1804 1924 (Frank Güth). Weitere Informationen gibt es auch auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte.
Raffaela Schaus