"Für uns war in diesem Zusammenhang entscheidend, dass niemand für uns entscheidet", erklärte DG-Ministerpräsident Oliver Paasch im BRF-Interview, "dass wir also in dieser Phase des Krisenmanagements, in der wir uns jetzt befinden, wie eine Region behandelt werden und eigenständig mit unseren Bürgermeistern zusammen entscheiden, ob wir die Maskenpflicht abschaffen in den Geschäften und im Horeca-Sektor oder ob wir das nicht tun."
Föderalstaat kann eingreifen
Dazu findet am Samstagvormittag eine Versammlung mit den Bürgermeistern statt. Wie die Entscheidung ausfällt, konnte der Ministerpräsident im Vorfeld nicht sagen: "Also ich bin eigentlich der Meinung, dass man die Maskenpflicht in den Geschäften, im Horeca-Sektor und in den Gottesdiensten aufheben sollte, ähnlich wie Flandern das beschlossen hat. Aber erstens möchte ich das mit den Bürgermeistern zusammen diskutieren, weil wir in dieser Phase des Krisenmanagements eine gemeinsame Krisenzelle bilden, wenn Sie so wollen. Das hat auch eine juristische Grundlage."
Und zweitens müsse man natürlich abwarten, wie sich die Infektionslage in den nächsten Wochen entwickelt. "Denn der Föderalstaat hat sich die Möglichkeit offengelassen, ab einer bestimmten Infektionslage, wenn eine Situation auszuarten droht, in der DG oder auch in einer anderen Region, das Zepter wieder an sich zu reißen." Das werde in den Gesprächen zu berücksichtigen sein.
Aufgrund der Impfkampagne stellt sich die Situation in diesem Jahr natürlich anders dar als im Herbst 2020. Damals waren die Zahlen aber auch vielversprechend, ehe es Ende September, Anfang Oktober eine Reihe von Kirmesveranstaltungen gab, nach denen die Infektionszahlen in die Höhe schossen. "Wir müssen auf zwei Dinge achtgeben", sagt der Ministerpräsident: "Auf der einen Seite ist die Quote der Deutschsprachigen Gemeinschaft zwar gut, wir liegen bei 74 Prozent aller Erwachsenen, die doppelt geimpft sind, aber doch wesentlich schlechter als beispielsweise in Flandern. Und die Impfquote ist eines der wichtigen Kriterien, um über Lockerungen befinden zu können. Deswegen ist es schon noch notwendig, dass auch wir weiterhin sensibilisieren, dass sich möglichst viele Menschen hier impfen lassen. Und zweitens: Jeder Mensch muss eigenverantwortlich auch auf seine Gesundheit und auf die seiner Mitmenschen achten."
Verantwortungsbewusst handeln
Paasch appelliert an die Vernunft: "Wir haben kein Interesse daran, durch ein gesteigertes Infektionsgeschehen erneut Probleme in den Krankenhäusern zu erleben. Wir haben auch kein Interesse daran, dass der Föderalstaat irgendwann sagt: In der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist die Impfung schlecht, die Infektionszahlen und die Krankenhausaufnahmen katastrophal hoch. Wir müssen das Zepter wieder in die Hand nehmen. Dann würden wir unter den Maßnahmen des Föderalstaat leiden. Wir haben also ein Interesse daran, verantwortungsbewusst mit dieser Situation umzugehen."
Das Krisenmanagement befinde sich gerade in einer Zwischenphase - zwischen der föderalen Phase, die immer noch gilt, und einer künftigen Situation, in der die Teilstaaten entscheiden: "Der Föderalstaat gibt uns jetzt Mitspracherecht, Entscheidungsbefugnisse", sagt Paasch, "für uns war wichtig, dass das dann auch unsere Entscheidungsbefugnisse sind und nicht diejenigen anderer Ebenen wie der Provinz Lüttich oder der Wallonischen Region. Aber wir müssen natürlich mit diesen Entscheidungsbefugnisse verantwortungsbewusst umgehen, sonst nimmt man uns sie wieder weg."
Stephan Pesch
Von einem Hinterzimmer ins andere!
Hätte nicht diese Entscheidungsfindung im DG-Parlament statt im Hinterzimmer eines Mini-Konzertierungsausschusses aus Regierung und Bürgermeistern stattfinden müssen?
Der Vorteil einer Debatte im DG-Parlament ist mindestens zweierlei:
a) Öffentlichkeit. Der Bürger kann miterleben, wer wie argumentiert. So ist die Gefahr einer "Blasenbildung", in der z.B. die Nebenwirkungen der Impfung komplett ignoriert werden (siehe De Croo der auf der Pressekonferenz vom Freitag nichts von Nebenwirkungen der Impfung wissen will), weit geringer.
b) Gefahr von faulen Kompromissen bzw. Unterdrucksetzung einzelner Mitgliedern wird auch deutlich reduziert.
Herr Schmitz,
in diesem Fall gebe ich Ihnen absolut recht.
Wir leben momentan in einer Zirkus-Demokratie:
Die Artisten tüfteln sich hinter den Kulissen irgend eine Nummer aus, präsentieren dann "ihr Talent", aber es kommt immer weniger Applaus.