Eine Herausforderung - auch für die Medien - war es damals, den Überblick zu behalten. Olivier Krickel, jetzt Programmchef des BRF, moderierte an jenem Nachmittag. Auch er sah damals den Einschlag der zweiten Maschine im Fernsehen. "Das erste Flugzeug ist ja etwa gegen viertel vor drei unserer Zeit im Nachmittag in den ersten Turm geflogen. Damit hat uns die Meldung gerade für die 15-Uhr-Nachrichten erreicht."
"Ich saß zu dem Zeitpunkt im Studio und hörte, wie Andreas Cremer diese Nachricht gelesen hat. Ich dachte zunächst einmal, das ist wahrscheinlich so ein kleines Sportflugzeug gewesen, das da reingeflogen ist. Ich habe dann gleich einen Nachrichtensender eingeschaltet und gesehen, dass das dann doch ein größeres Flugzeug gewesen sein muss."
Produktionsassistentin Myriam Mersch arbeitete an jenem Nachmittag in den Nachrichten. Sie verarbeitete die Informationen, die an die Zuhörer gingen. Doch so richtig realisiert, was da passiert ist, hat sie erst später. "Dann hieß es: Die Nachrichten werden verlängert, wir senden bis 22 Uhr."
"Man funktioniert, man schreibt, man sammelt Informationen. Und dann kommt man nach Hause, setzt sich noch mal vor den Fernseher, lässt noch mal alles Revue passieren - und dann kapiert man so richtig, was da alles passiert ist. Vorher geht das alles ein bisschen schnell an einem vorbei", beschreibt Myriam Mersch.
Ähnlich sah es auch bei Olivier Krickel aus. Im Moment selber stand die Arbeit im Vordergrund. "Man weiß, man hat jetzt da einen Job zu erledigen, und funktioniert dann in seinem Job. Ich glaube, so wirklich realisiert man erst später, was da passiert ist, wenn man dann auch Detailbilder sieht. Ich habe da immer noch die Bilder im Kopf von Menschen, die sich aus dem World Trade Center rausgestürzt haben in ihrer Verzweiflung."
Das sind Bilder, die jeder wohl noch vor Augen hat. Doch nicht jeder hat diese Bilder live gesehen. Christophe Ramjoie, heute Sportjournalist beim BRF, zum Beispiel. Er arbeitete damals nicht für den BRF und hat erst am 12. September von den Anschlägen erfahren. "Ich war mit meiner damaligen Freundin unterwegs in der Provence, mit dem Zelt. Wir sind am nächsten Tag im nächstliegenden Ort in ein Café reingegangen."
"Und da liefen dann im Fernsehen permanent die bekannten Bilder. Irgendwann haben wir den Kellner gefragt: Hör mal was ist da los? Und dann meinte der Kellner zu mir: Bist du total weltfremd, hast du nicht mitbekommen was da passiert ist?"
Manche haben es nicht direkt mitbekommen. Andere konnten das Ausmaß des Geschehens nicht begreifen. Lena Orban, heute BRF-Journalistin, war damals gerade ins zweite Schuljahr gekommen. Auch mit sieben Jahren waren die Anschläge für sie ein Thema. "Ich kann mich tatsächlich noch daran erinnern, dass man abends im Fernsehen die Bilder natürlich gesehen hat aus New York und dass auch die Kindernachrichtensendung 'Logo' damals versucht hat, das ganz kindgerecht zu erklären, was da gerade passiert ist."
"Ich kann mich auch daran erinnern, dass wir das tatsächlich auch in der Schule angesprochen haben. Dass die Lehrer danach versucht haben, uns Kindern zu erklären, was da gerade in Amerika passiert ist." Ganz verarbeitet haben wohl auch viele Erwachsene nicht, was damals passiert ist. Auch zwanzig Jahre nach den Anschlägen bleibt 9/11 präsent.
Christoph Heeren