"Wir haben unser Zielpublikum in dieser Ausnahmesituation erweitert und richten uns an alle durch die Naturkatastrophe Betroffenen, die finanzielle oder soziale Unterstützung brauchen oder Hilfe bei der Wohnungssuche", erklärt Martine Engels, Präsidentin des Öffentlichen Sozialhilfezentrums Eupen. "Wir haben auch ein Spendenkonto und bekommen einen Teil der Spenden aus dem gemeinsamen Konto des Vinzenzvereins und des Bürgerfonds der König-Baudouin-Stiftung zur Verfügung gestellt, um den Bürgern eine schnelle und unbürokratische Starthilfe zu geben."
Martine Engels sieht ihre Einrichtung derzeit in mehrfacher Hinsicht gefordert: einmal im Alltagsgeschäft, das nach klaren föderalen Richtlinien funktioniert, die eine gründliche (und mitunter zeitaufwendige) Prüfung von Anträgen voraussetzen; und eben das Krisenmanagement - für das andere Regeln gelten, wie Martine Engels erklärt.
Das Formular, mit dem die stark vom Hochwasser in Eupen betroffenen Anwohner einen Antrag einreichen können, passt auf eine DIN-A4-Seite und beschränkt sich auf ganz wenige übersichtliche Kriterien, "wo es zum Beispiel um die Bewohnbarkeit der Wohnung geht oder um die Elektrogeräte, die vom Hochwasser zerstört wurden", erklärt die ÖSHZ-Präsidentin. Andere Kriterien umfassen die Zerstörung von Mobiliar, Hausrat, Kleidung, Schuhe oder Wäsche. Oder ob ein Kind oder mehrere immer oder zeitweise in dem Haushalt wohnen. Auf dieser Grundlage werden dann Pauschalsummen ausgezahlt.
Genug Geld da
Geld ist genug da, sagt etwa Freddy Genten, der für den Bürgerfonds Ostbelgien der König-Baudouin-Stiftung zusammen mit dem Vinzenzverein Eupen-Kettenis und anderen Trägern gleich nach der Flutkatastrophe einen Spendenaufruf gestartet hatte. "Das Echo war immens. Wir haben mittlerweile einen großen sechsstelligen Betrag erhalten", freut sich Genten. "Die Spenden werden hier in Eupen eingesetzt, aber nicht nur, sondern auch alle anderen, die in Ostbelgien vom Hochwasser betroffen sind, können die Spenden in Anspruch nehmen."
Und nicht nur in Ostbelgien, sondern so, wie sich der Bürgerfonds von Anfang definiert, auch in den rundherum angrenzenden Gemeinden. "Wir sind zum Beispiel auch in Baelen-Membach interveniert, wir werden das in Hellenthal tun und wahrscheinlich auch in Prüm - mit kleineren Beträgen, aber so dass die Solidarität über die Grenzen hinausgeht."
Keine falsche Scheu
Überwunden werden müsse dabei die falsche Scheu, die viele Betroffene empfinden, wenn es um Hilfsangebote des ÖSHZ geht oder des Vinzenzvereins, wie dessen Präsident Bruno Creutz erklärt. "Diese Hilfe soll jeden erreichen", betont Creutz. "Auch Menschen, die vielleicht meinen: Es gibt schlimmere Schäden, es gibt Leute, die haben weniger... Wir hoffen auch weiter Spenden zu bekommen, mit denen wir wirklich jedem Bürger helfen können und wollen. Keiner soll sich schämen."
Aber, so unterstreicht Christiane Villers vom Vinzenzverein Eupen-Kettenis, diejenigen, denen geholfen werden soll, müssten über die schon bestehenden Hilfsangebote hinaus gegebenenfalls auch persönlich aufgesucht werden. "Diese Formulare werden in den Briefkästen landen, wenn sie denn noch da sind oder die Leute noch zu ihrem Haus kommen. Es gibt aber auch Leute, die von dem Formular überfordert sind und beim Ausfüllen Hilfe brauchen - das sind alles Sachen, die sind wichtig."
Die Formulare sollen auch in andere Sprachen übersetzt werden - in Französisch, in Russisch, Arabisch und Türkisch. Bis Ende September können Anträge im Rahmen dieser Direkthilfe eingereicht werden. In der Zwischenzeit wollen ÖSHZ, Vinzenzverein und Bürgerfonds sehen, wie möglicherweise noch anderen Kriterien der Betroffenheit Rechnung getragen werden kann.
Stephan Pesch