Bis zum Jahr 2024 soll für die Raumordnung ein neues Leitbild entstehen, ein Masterplan sozusagen. Und damit der entstehen kann, soll es in den einzelnen Entwicklungsphasen immer mal wieder Beteiligungsprozesse geben. Aber nicht nur für Politiker oder andere Interessenvertreter aus Wirtschaft, Bau oder Landwirtschaft. Alle Bürger sollen über Aktionen in sozialen oder anderen Online-Medien erreicht werden.
Nun kann man das für spannend oder unspannend halten. Der zuständige Minister für Raumordnung Antonios Antoniadis spart da nicht mit Superlativen. Hier werde für die Zukunft geplant. Und zwar so, dass es das Leben in Ostbelgien für die nächsten Jahrzehnte beeinflussen wird. Antoniadis nennt die künftige Raumordnung sogar einen "Game Changer" für unsere Autonomie. Wenn man den Begriff ernst nimmt, geht es also um eine radikale Änderung.
Mit den Worten des Ministers: Es geht nicht nur ums Bauen. Für Antoniadis erhalten wir ein Instrument, um den Standort Ostbelgien fit für die Zukunft zu machen.
Änderungen
Für das Gebiet der DG werden jährlich über 1.000 Akten mit unterschiedlicher Komplexität bearbeitet. Als Grundlage dient noch die wallonische Gesetzgebung. Bevor das neue Leitbild fertig wird, soll es in einer ersten Phase kleine Anpassungen geben. Dazu zählen auch sprachliche Anpassungen und juristische Präzisierungen, aber auch ganz konkrete inhaltliche Änderungen.
So soll es ab Herbst in Wohnhausgärten möglich sein, mehr Kleintiere wie Hühner oder Kaninchen zu halten. Bei Einhaltung gewisser Kriterien wird dann keine Genehmigung mehr nötig sein. Da greift also das Ziel, einfachere Regeln zu haben.
Aber es geht auch in die andere Richtung, wo es strenger wird. Für das Anlegen von Schottergärten wird künftig eine Genehmigung der Gemeinde nötig sein. Nicht nur Umweltschutzverbände fordern mehr Regulierung bei der Bodenversiegelung grüner Flächen in Gärten, weil die Materialien die Pflanzen- und Artenvielfalt zerstören und den Boden.
Ziel der Reform
Unterm Strich geht es um mehr Planungssicherheit und Rechtssicherheit. Aber das ist auch ein Husarenstück. Denn einerseits soll so ein Regelwerk klar und deutlich sein, so dass es keine Interpretationsspielräume gibt. Wenn der Nachbar etwas darf, was ich nicht darf, dann muss es dafür konkrete Gründe geben - und keine gefühlten.
Auf der anderen Seite soll das Regelwerk auch nicht so starr sein, dass Gemeinden in einem Korsett an Regeln gefangen sind, die überhaupt keinen Gestaltungsspielraum mehr zulassen. Die Bedürfnisse einer dicht besiedelten Gemeinde wie Kelmis sind andere als zum Beispiel in Burg-Reuland.
Positionierung der Gemeinden
Die Gemeinden wollen dabei natürlich auch ein Wörtchen mitreden - und sollen das auch. Sie haben nicht nur Vorschläge und Anregungen eingereicht, sondern auch Fragen gestellt, an die man vielleicht nicht gleich denkt, wie zum Beispiel zum Trend Tiny-Häuser, also Mini-Häuser, die man zum Teil auf einem Anhänger anbringen kann. Da bittet zum Beispiel die Gemeinde Bütgenbach um die Klarstellung, ob man diese Wohnform prinzipiell erwünscht oder nicht.
Wo sich aber viele Gemeinden einig sind, ist der Wunsch nach einfacher Sprache. Oft sind Regeltexte für Ottonormalverbraucher schwer verständlich. Das führt dann in den Gemeinden zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand, weil man Dinge erklären muss.
Umstrittene Hürden oder Knackpunkte
Umstritten bleibt beispielsweise die Frage, ob durch die neue Raumordnung alte Bausünden und -vergehen eine Art Amnestie erhalten könnten, aber auch die Frage, wie man solche strenger bestrafen könnte. Denn man hat festgestellt, dass immer wieder Strafen in Kauf genommen werden, nur um aufwendige Prozeduren zu umgehen.
Auch die Frage, ob es vielleicht eine Zonendefinition für Windräder geben wird, steht im Raum. So gut wie niemand möchte von seinem Garten oder vom Balkon auf ein Windrad schauen. Eine Zonendefinition könnte festlegen: Hier geht es und hier nicht.
Sehr interessant ist auch die Idee, wie man Zersiedelung vermeiden kann, denn Zersiedelung an Ausfallstraßen führt zu hohen Infrastrukturkosten für die Allgemeinheit. Ein Lösungsansatz könnten Ortsringe sein. Konkret hieße das: Um einen Ortskern herum würde eine ringförmige Zone definiert, deren Bebauung fast abgeschlossen sein sollte, bevor eine Ausdehnung in den nächsten Ring in Betracht gezogen werden könnte.
Manuel Zimmermann
Eine neue Spielweise für "die da oben", um sich zu profilieren. Und die übliche Gelegenheit "schöne Pöstchen" zu schaffen.
Ob es in Zukunft besser wird, muss die praktische Erfahrung noch zeigen. Die DG wird, wie beabsichtigt, ein klar verständliches Regelwerk schaffen. Und was könnte dann passieren ? Die Verwaltung wird dann dogmatisch auf diesem Regelwerk pochen wie ein Pfarrer auf den Katechismus. Und dann bleibt nur der Klageweg. Im Endeffekt wird nur eines passieren. Die Diskussionen finden nicht mehr in den Verwaltungen von Namur statt sondern in den Gerichten von Eupen oder Brüssel.