Eigentlich dient der Weltkrebstag zur Sensibilisierung. Über das Thema sprechen, aufklären, Tabus brechen - so könnte man das Ziel der jährlichen Aktion zusammenfassen. Dieses Jahr kommt ein weiteres Ziel hinzu: an die Krankheit erinnern. Denn die ist, vor allem während der ersten Corona-Welle, in Vergessenheit geraten - gezwungenermaßen. Das berichtet der Onkologe und Leiter der Inneren Medizin des St. Vither Krankenhauses, Dr. Pascal Wolter: "Als am 14. März die Anweisung vom föderalen Niveau kam, um die Krankenhäuser quasi zu schließen - und das war wirklich eine Schließung -, da waren nur noch Covid-Patienten, ansonsten war alles außer die absolute Notfallversorgung eingestellt. Das ist der Grund, warum 5.000 Krebsdiagnosen in diesem Zeitraum nicht gestellt worden sind. Da kann man niemandem einen Vorwurf machen. Ich denke, dass war eine richtige Entscheidung damals. Jetzt sind wir mit den Folgen konfrontiert."
Mit den Folgen sind die verspäteten Diagnosen gemeint. Eine höhere Arbeitsbelastung für die jeweiligen Stationen und schwierigere Therapiemöglichkeiten gehen damit einher. Krebs ist eine häufige Diagnose. Jeder dritte Mann und jede vierte Frau vor 75 Jahren erhalten die Diagnose Krebs. Deswegen ist es wichtig, wachsam zu bleiben und früh zu reagieren: "Wichtig ist, dass man auch auf Alarmsymptome achtet: Plötzlicher, unerklärlicher Gewichtsverlust, Blut im Stuhlgang oder Urin, einen Lymphknoten, den man plötzlich am Hals oder in der Leiste fühlt, ein Husten, der nicht weg geht, über Wochen. Das kann ein Hinweis auf eine Krebserkrankung sein, muss aber keine Krebserkrankung sein. Es sollte aber abgeklärt werden. Da ist der beste Weg zum Hausarzt, der den Patienten kennt und die nötigen Untersuchungen veranlassen kann", erklärt Dr. Pascal Wolter.
Der Onkologe appelliert, Früherkennungsangebote wahrzunehmen. Daneben gelten die gängigen Empfehlungen: nicht Rauchen, wenig Alkohol, viel Bewegung, gesunde Ernährung, ausreichend Sonnenschutz. Doch im Umgang mit dem Thema Krebs ist nicht nur die Selbstfürsorge wichtig. Auch die Aufmerksamkeit, die man anderen schenkt, spielt eine große Rolle: "Ja, wir können alle etwas tun, indem wir uns um Krebspatienten in unserer Gesellschaft kümmern. Jemand, der zum Krankenhaus gebracht werden muss für eine Therapie oder für eine Untersuchung. Oder einfach das Telefon nehmen und fragen, wie es den Leuten geht. Denn Krebspatienten werden in Zeiten von Covid-19 einsam."
Damit diese Zeit der Einsamkeit möglichst schnell vorbei geht, sind gewisse Krebspatienten nun in die Definition der Risikogruppen aufgenommen worden. Sie sollen prioritär gegen Covid-19 geimpft werden: "Das ist, denke ich, eine sehr gute Sache. Das soll auch so sein. Ich würde mich natürlich freuen, wenn es noch schneller ginge. Meine Krebspatienten haben jetzt Chemotherapie und sind jetzt von einer Covid-Erkrankung bedroht." Vor allem ältere Krebspatienten werden nun zeitnah mit einem Impfstoff behandelt. Bezüglich der Altersgruppe hätte der Onkologe sich etwas mehr Flexibilität gewünscht, um individuelle Fälle zu gewichten. Doch so oder so ändere das nichts an dem eigentlichen Ziel: "Wie Sie wissen, bin ich ein absoluter Impfbefürworter. Ich denke, wir müssen die Impfkampagne so schnell wie möglich durchbekommen, damit wir aus dieser Krise herauskommen und die ganzen Kollateralschäden dieser Pandemie eingedämmt werden können."
Es gibt also einiges aufzuarbeiten. Bei alldem besteht jedoch kein Grund, weitere Fälle zu verschleppen. Dr. Pascal Wolter wünscht sich weiterhin einen offenen Umgang mit dem Thema innerhalb der Gesellschaft. Dazu kann jeder, zum Wohle der Krebspatienten, beitragen.
Weltkrebstag: Vorsorgeuntersuchungen trotz Pandemie wahrnehmen
Andreas Lejeune