Der Aachener Theologie-Professor Simone Paganini hat den Faktencheck gemacht: Unter dem Titel "Von wegen Heilige Nacht" hat er zusammen mit seiner Frau Claudia Paganini Ergebnisse der Bibelforschung zusammengetragen, die Licht in das Dunkel der Heiligen Nacht bringen sollen. Denn dass Jesus geboren wurde, das steht zwar fest, aber Ort, Zeitpunkt und Umstände dieser Geburt sind alles andere als harte Fakten.
"Es ist eigentlich ein Konsens der internationalen Forschung: Jesus ist nicht in Bethlehem geboren, sondern in Nazareth" - einer von vielen Fakten, die unserer traditionellen Überlieferung widersprechen. Warum aber steht in den Evangelien Bethlehem als Geburtsstadt? "Ein literarischer Trick", so Paganini. Man dürfe nicht vergessen: Die biblischen Texte seien für Menschen einer bestimmten Zeit und Religion geschrieben, von Gläubigen für Gläubige. "Und dieser Glaube, der vorausgesetzt werden kann, ist der jüdische Glaube. Und Bethlehem ist ein ganz starkes Symbol im Judentum", so Paganini. "Viele Propheten hatten vorausgesagt, dass der Retter der Welt, der künftige Erlöser, auch in Bethlehem geboren wird. Die Frage, wo Jesus wirklich geboren wurde, stellte sich den Autoren im Prinzip nicht."
Geburt Jesu im Frühjahr
Und auch über den Zeitpunkt der Geburt Jesu erzählt uns die Bibel etwas. Allerdings nicht das, wovon wir alle ausgehen - dass Jesus in einer Winternacht am 24. Dezember geboren sei. "Über das Wetter gibt es die Nebenbemerkung, dass die Hirten im Freien schlafen. Um im Freien zu übernachten, musste es nicht sehr warm sein, aber auch nicht ganz kalt. Es war also Zwischensaison, irgendwann im Frühjahr", erklärt Paganini.
"Erste Quellen, die wir über Weihnachten haben, berichten auch, dass Weihnachten irgendwann im Frühjahr gefeiert wurde." Aber erst viel später, denn anfangs feierten die Christen nicht so sehr Weihnachten, weil Ostern als Fest der Auferstehung viel wichtiger war. Und das war natürlich auch im Frühjahr. Zwei Feste zur gleichen Zeit - da musste man sich entscheiden. "Und dann hat man sich Mitte 4. Jahrhunderts in Rom entschieden, Weihnachten vom Frühjahr in den Winter zu verschieben", weiß Paganini. "Warum genau der 24. als Tag gewählt worden ist, darüber gibt es unterschiedliche Theorien."
Rechenfehler
Was das Jahr der Geburt Jesu betrifft, habe die Bibelforscher genauere Hinweise. Es war allerdings nicht das Jahr Null, mit dem unsere Zeitrechnung begann. Die basiere auf dem Rechenfehler eines Mönchs im 6. Jahrhundert, so Paganini. Laut der antiken Quellen wurde Jesus früher geboren, nämlich als König Herodes König von Judäa war. Und der starb schon im Jahr 4 VOR Christus. Und auch die Erzählung vom grausamen Kindermord des Herodes sei keine wahre Begebenheit, so Paganini.
Nicht nur literarische Tricks und Rechenfehler bringen Verwirrung in die Weihnachtsgeschichte. Auch unklare Übersetzungen aus dem griechischen Original der Evangelien. Beispiel: die Herberge, die Maria und Josef angeblich auf ihrem Weg nach Bethlehem suchten, eine Übersetzung aus dem Griechischen "Katalyma", mit dem aber eigentlich ein Gästezimmer gemeint sei, so Paganini.
"Wegen der Volkszählung ist das Gästezimmer wahrscheinlich voll. Für die jungen Frau mit Wehen gibt es dort nicht genug Platz, also wird sie in das Hauptzimmer des Hauses gebracht, wo es Wasser gibt und auch die Futterkrippe. Dort bringt sie ihr Kind auf die Welt", sagt Paganini. Also nicht in einem Stall, der später mit der Futterkrippe in Verbindung gebracht wird. Ochs und Esel als Begleiter der Geburt kommen in der Bibel nicht einmal vor.
Doch wenn viele Elemente der Weihnachtsgeschichte, wie wir sie heute erzählen, nicht dem Faktencheck standhalten: was bleibt dann am Ende? Das Wesentliche, sagt Paganini: "Das Einzige, was wirklich historisch belegbar ist, dass diese Geburt stattgefunden hat: Wenn man gläubig ist, ist es der Sohn Gottes, wenn nicht, ist es zumindest eine Geburt, die, ob man das will oder nicht, die Geschichte der Menschheit geändert hat."
mb/mg
Nicht zu vergessen die "Jungfrauengeburt" die einem frühen Übersetzungsfehler der Bibel vom Hebräischen ins Griechische geschuldet ist. Gemeint war eine junge Frau.
"Die monotheistischen Religionen sind plagiierte Plagiate unverbürgter Gerüchte."
(Christopher Hitchens, brit. Autor)
Kein Buch des Mose stammt von Mose, kein Psalm Davids von David, kein Spruch Salomos von Salomo, keine Vision Daniels von Daniel, die allerwenigsten Prophetenworte von den Propheten, unter deren Namen die Bücher überliefert sind. Es gab keinen Exodus aus Ägypten, keine Sinaioffenbarung und keine Übergabe der Zehn Gebote. Abraham, Isaak, Mose und Josua sind bloße Namen, Jericho wurde nie erobert.
(Gerd Lüdemann, dt. Theologe)
Religionen stehen im Widerspruch zu allem, was ich verehre: Mut, Ehrlichkeit, klares Denken und vor allem Liebe zur Wahrheit.
(Henry Louis Mencken, am. Schriftsteller)
Werter Herr Leonard, dass die Bibel keine detailgenauen historischen Schilderungen enthält, sollte inzwischen nicht mehr als fragwürdig angesehen werden.
Die einzigen, die dies derzeit noch in Abrede stellen, sind einige evangelikale Fundamentalisten.
Die verfügen zwar über eine mächtige Lobby, allerdings bedeutet dies nicht, dass sie mit ihrer wortwörtlichen Auslegung der hl. Schrift richtig liegen.
Die Bibel ist ein Glaubensbuch und muss als solches gelesen und behandelt werden, d.h. worauf es ankommt, ist, die Essenz der Botschaft zu erkennen und in die heutige Zeit zu übersetzen.
Selbstverständlich werden wir niemals davon entbunden, unsere Vernunft zu gebrauchen, da bestimmte Problemlagen nicht im Horizont jener Epochen lagen, in denen die Texte abgefasst wurden.
Selbst nachzudenken und nach Lösungen zu suchen, davon werden gläubige Menschen nicht entbunden.
Lieber Herr Leonard,
...und dennoch glaube ich an Jesus Christus und die beste und schönste Nachricht, die die Welt jemals erhalten hat : Nächstenliebe !
Was brauchen wir denn da noch andere "Geschichten" oder andere "Realitäten"?
Gibt es einen besseren Auftrag? Ich glaube nicht.
Frohe Weihnachten!
In jungen Jahren ist mir eine Ungereimtheit in den weihnachtlichen Erzählungen aufgefallen.
Laut Lukas-Evangelium standen Maria, die Mutter Jesu, und Elisabeth, die Mutter von Johannes dem Täufer, in einem verwandtschaftlichem Verhältnis. Als Maria 'die frohe Botschaft' überreicht bekam vom Heiligen Geist (dieser alte Schlingel), reiste sie zu einer Stadt in Juda zu Elisabeth, die bereits im 6. Monat schwanger war. Demnach ist also Johannes der Täufer ca. 6 Monate älter als Jesus.
Das Matthäus-Evangelium berichtet über den 'Kindermord zu Bethlehem': "Als Herodes merkte, dass ihn die Sterndeuter getäuscht hatten, wurde er sehr zornig und er ließ in Betlehem und der ganzen Umgebung (Juda) alle Knaben bis zum ALTER VON ZWEI JAHREN töten."
Und nun zur Gretchen-Frage dieser Bibel-Informationen:
Wie ist es möglich, dass Johannes der Täufer als 6-Monatiges Kind dieses Massaker überleben konnte???😉
Vollkommen richtig. Aber wie meinte Einstein:
Das Universum und die Dummheit der Menschheit sind unendlich. Wobei,beim Universum bin ich mir nicht sicher.
Warum feiern wir eigentlich Weihnachten?
Es kommt doch jeden Tag vor,
dass ein Mann geboren wird,
der sich später für Gott hält.‼
Herr Conrads.
In Vergangenheit und Gegenwart wurden und werden Menschen geboren, die sich für Gott, gottgleich oder zumindest für unersetzbar halten. In den politischen Parteien findet man viele von diesen irdischen Göttern. Und im Hohen Norden, wo der Weihnachtsmann herkommt, gibt es sogar eine Göttin, die den Weltuntergang predigt.