Bereits während der ersten Welle war die Lage in den Krankenhäusern sehr angespannt. Das Virus war eine neue Herausforderung. Innerhalb kürzester Zeit musste reagiert werden, auch im Eupener Krankenhaus. Daniela Dries, Krankenschwester auf der Intensivstation in Eupen, erinnert sich: "Das fühlte sich ein bisschen so an, als wäre irgendwo Krieg ausgebrochen. Innerhalb von 24 Stunden waren wir voll. Das habe ich auf 20 Jahren nie erlebt, dass so etwas innerhalb von 24 Stunden möglich ist, dass man eine Station füllt, in so kurzer Zeit, alle mit demselben Krankheitsbild. Das hat uns alle sehr geschockt."
Darauf folgte der Lockdown. Im Sommer entspannte sich dann die Lage wieder ein bisschen. Die Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger beobachteten das Ganze aber mit Besorgnis. Das kurze Aufatmen sollte kein Anlass sein, die Situation nicht mehr ernst zu nehmen. "Als wir im Herbst sahen, dass die Leute wieder lockerer wurden, hat uns das als Personal sehr mitgenommen, weil wir gedacht haben: 'Wir haben so gearbeitet im Frühjahr, wie könnt ihr behaupten das ist nur eine Grippe?'"
"Die Todeszahlen waren nicht so hoch, okay. Aber wir dürfen nicht vergessen, wie wir gelebt haben. Wir hatten einen Lockdown. Wir haben mit großer Angst auf den Herbst geschaut. Wir waren vielleicht noch nicht bereit, aber wir wussten, dass es so kommen wird."
Mittlerweile spitzt sich die Lage erneut zu. Die Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger stehen wieder unter einer enormen Belastung. Dass das nicht spurlos an einem vorbei gehen kann, ist klar. Wie gehen die Pflegerinnen und Pfleger denn damit um? "Bei vielen war anfangs auch die Angst, die Krankheit mit nach Hause zu nehmen. Ich glaube, das haben wir überwunden. Wir sind ein gutes Team, wir sprechen viel und jeder hat auch seinen Ausgleich zu Hause", sagt Daniela Dries.
Von der Politik fühlen sich die Pflegerinnen und Pfleger nicht ausreichend unterstützt. Der Beruf ist einfach nicht attraktiv genug. Viele suchten sich außerhalb der Krankenhäuser Arbeit. Nach der ersten Welle hätte man sich etwas mehr von der Politik erhofft, um den Beruf attraktiver zu machen. Bisher sei noch nicht viel passiert.
Die Pflegerinnen und Pfleger fühlen sich im Stich gelassen - und das nicht nur von der Politik. "Wir sind auch enttäuscht vom Denken in der Bevölkerung: Coronaleugner, Maskengegner - als Krankenpfleger macht uns das wütend", sagt sie. "Leute, wir arbeiten hier und sehen es jeden Tag. Da kann man sich doch nicht sträuben und sagen 'Ich ziehe keine Maske an'. Das ist für unsere Arbeit zerstörend. Meine Bitte an die Bevölkerung: Mitmachen, wir sind ein Team."
Schließlich entscheidet unser Verhalten über die Entwicklung in den Krankenhäusern. Und es wäre verantwortungslos, die Krankenhäuser vor die Entscheidung zu stellen, welche Patienten sie noch behandeln sollen - und welche nicht mehr.
Grégory Dalbert