Regelmäßig schließt die Europäische Union Handelsabkommen mit verschiedenen Partnern in der Welt ab. Doch bevor das geschieht, müssen die Parlamente der verschiedenen Mitgliedsstaaten sich zu diesen Abkommen äußern. Für Belgien bedeutet das, dass auch die Teilstaaten sich mit internationalen Handelsabkommen auseinandersetzen müssen. Das ist nun wieder der Fall. Im Ausschuss I des PDG haben die Parlamentarier sich zu dieser Gelegenheit von Experten beraten lassen.
"Wir wollen eine langfristige Beziehung aufbauen und nicht den anderen das Feld überlassen". Mit diesen Worten steckt Rupert Schlegelmilch, Vertreter der Generaldirektion der EU-Kommission, den Radius des Mercosur-Abkommens ab. Mercosur, das sind vier Staaten: Brasilien, Argentinien, Paraguay sowie Uruguay. Und mit diesen Staaten möchte die EU-Kommission ein Handelsabkommen abschließen, wie Rupert Schlegelmilch unterstreicht: "Es sind 260 Millionen Menschen mit einer steigenden Kaufkraft, wenn man von der Krise jetzt mal absieht, die einen sehr stark geschützten Markt haben. Es ist sehr schwierig europäische Produkte dort zu verkaufen, weil insbesondere die Zölle im Industriebereich, da wo wir stark sind, extrem hoch sind. Die werden abgebaut durch das Abkommen."
Doch dieses Handelsabkommen sorgt für Diskussionen. Auch im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Das Parlament muss nämlich der Föderalregierung seine Zustimmung zur Unterschrift erteilen. Und diese Zustimmung scheint noch unsicher. Robert Nelles (CSP) hat einen Resolutionsvorschlag an die Regierung der DG unterbreitet. Er hofft auf Nachbesserungen des über zwanzig Jahre verhandelten Mercosur-Abkommens. Damit steht der CSP-Politiker nicht alleine da. Auch der Bauernbund sorgt sich um die unterschiedlichen Normen, die im Rahmen des Abkommens aufeinandertreffen. Pieter Verhelst; Vorstandsmitglied des Bauernbundes, hat Zweifel. Die belgische Landwirtschaft habe gewisse Normen zu respektieren. Es sei zweifelhaft, ob die Produkte, die aus den Mercosur-Staaten nach Europa kommen, diese Standards ebenfalls respektieren. Und wenn das nicht der Fall ist, könnte das Abkommen nicht akzeptiert werden, so Verhelst.
Die Landwirte sehen als Folge des Abkommens mehr Importe, hier geht es vor allem um Fleisch. Das bedeutet ein größeres Angebot an Waren und somit fallende Preise. Noch niedrigere Preise garantieren und dabei alle europäischen Standards akzeptieren, das ist für die Landwirte jedoch ein Ding der Unmöglichkeit. Das weiß man auch in der Kommission, versucht aber zu relativieren.
"Also natürlich nehmen wir diese Sorgen ernst. Denn die Landwirtschaft ist nach wie vor für uns Europäer ein wichtiges Standbein unserer Gesellschaft und habe auch die soziale Funktion im ländlichen Raum", sagt Rupert Schlegelmilch, "wir reden allerdings hier über ein Abkommen, das weniger als ein Prozent des gesamten Fleischmarktes überhaupt öffnet. Wir haben die Erfahrung mit dem Kanada-Abkommen, wo auch große Sorgen waren, dass das Kanada-Abkommen bisher zu überhaupt keiner Steigerung der Fleischexporte in die EU geführt hat."
Trotzdem, der Bauernbund bleibt skeptisch. Sollte das Abkommen scheitern, sei das kein Problem betont Pieter Verhelst. Schließlich sei mit dem Abkommen kein wirklicher Vorteil für den landwirtschaftlichen Sektor verbunden. Der Import und Export von Fleischprodukten ist nur ein Teil des Abkommens, zeigt aber die Sorgen auf, die das Handelsabkommen auslöst. In der Landwirtschaft sowie in der Politik. Robert Nelles fordert in seiner Resolution noch weitere Anpassungen. Auch der Bauernbund würde diese Anpassungen gerne vornehmen.
Gibt es die Möglichkeit neu zu verhandeln, müssen wir die Chance ergreifen, findet auch Pieter Verhelst. Ob und inwiefern sich diese Möglichkeit zu Verbesserungen noch bieten wird, ist jedoch ungewiss. Auch ein Scheitern des Abkommens steht im Raum. Es bleibt abzuwarten, wie das PDG sich zu dem Abkommen positioniert. Anfang Oktober werden weitere Experten befragt. Doch so oder so: Bereits jetzt steht fest, dass Belgien dem Abkommen nicht zustimmen können wird. Die Parlamente der Wallonie sowie der Region Brüssel haben sich bereits gegen das Mercosur-Abkommen ausgesprochen.
Andreas Lejeune