Es ist Samstagmorgen, 6:30 Uhr in Weisten. Leichter Nebel bedeckt die Wiesen, die das kleine Dorf umgeben. Nicht mehr lange und das Team "Von null auf hundert" wird sich auf seine 100 Kilometer lange Reise machen - ohne unterstützenden Applaus von Zuschauern, ohne offiziellen Startschuss. Ein Teammitglied zückt sein Handy und ruft einen Oxfam-Mitarbeiter an: "Wir gehen jetzt los!". Und dann geht es los. Zumindest mit der Wanderung.
Die Idee, an dem Solidaritätsmarsch teilzunehmen, ist schon einige Monate alt und stammt eigentlich von Romain Fonk und Fernando Leyens, wie Guido Kohnen berichtet. "Zufällig haben wir uns auf einer Kappensitzung getroffen und da hat er mich gefragt: 'Wie sieht es aus, möchtest du nicht mitgehen?' Mich hat das von Anfang an angesprochen, da hab ich gesagt, ich klär das mit meiner Freundin ab, ob sie auch bereit ist mitzugehen", erzählt Kohnen. "Iris hat dann auch sofort 'Ja' gesagt und dann haben wir uns relativ schnell zusammengesetzt und sind uns einig geworden, dass wir dieses Projekt gerne zu viert starten möchten."
Und so informierten Iris Keller, Fernando Leyens, Romain Fonk und Guido Kohnen sich und begannen, eine Route zu planen. Denn einen von Oxfam vorgegebenen Parcours gab es dieses Jahr coronabedingt nicht. "Es hieß 'Choose your Challenge', das heißt jede Mannschaft hatte die Möglichkeit, ihren eigenen Parcours auszusuchen. Auch die Länge vom Parcours hätten wir kürzer machen können. Wir hätten 50 Kilometer gehen können oder 25. Wir hätten je nach Kilometer dann bezahlt", erklärt Guido Kohnen. "Wir haben uns dann aber als Ziel gesetzt, die 100 Kilometer zu gehen."
Die 100 Kilometer, die sich das Team ausgesucht hat, führen von Weisten durch Burg-Reuland hin zum Drei-Länder-Punkt. Anschließend geht es quer durch Luxemburg bis nach Houffalize bevor man dann Richtung Norden mit einem Rundgang um Courtil endet.
App informiert über Fortschritt der Teams
In Echtzeit kann man sich online über den Fortschritt aller Teams informieren. Leo Freichels ist regionaler Beauftragter von Oxfam und berichtet, wie man trotz Corona ein Gefühl von Zusammenhalt schaffen will: "Wir haben eine App geschaffen, wo die Supporter und so weiter sehen können, wo die Teams dran sind. Und wenn sie möchten, können sie die Teams dann auch während den 100 Kilometern irgendwo antreffen und anfeuern."
Für Oxfam ist es wichtig, dass die Veranstaltung auch dieses Jahr stattfindet. Mehr als 110.000 Euro hat man für dieses Jahr gesammelt. Einnahmen, auf die man kaum verzichten möchte. "Für Oxfam ist diese Corona-Krise sehr schwerwiegend und mit sehr vielen Geldeinbußen verbunden, da der Oxfam-Trailwalker nicht in dem Sinne stattfindet wie üblich", sagt Freichels. "Wir dürfen nicht vergessen, die Solidarität trotz dieser Krise hört nicht auf und diese Spenden sind umso wichtiger für den Süden - besonders jetzt. Deshalb sind wir sehr glücklich darüber, dass sich doch 40 Teams von den 200, die eingeschrieben sind, beteiligen und für die Solidarität gehen."
Für das Team "Von null auf hundert" um Guido Kohnen gehörte also nicht nur die Planung, sondern auch das Spendensammeln zur Vorbereitung. "Für die 100 Kilometer mussten wir 1.750 Euro Sponsoring aufbringen. Das haben wir aber mit sehr wenig Aufwand sehr locker geschafft. Unser Kontostand steht momentan bei 2.700 Euro."
Getrennt und doch gemeinsam
Auch wenn das klassische Oxfam-Trailwalker-Gefühl fehlt, das Team weiß sich zu motivieren. "Unsere Motivation liegt auch ein bisschen darin, uns zu beweisen, dass wir die 100 Kilometer schaffen können, weil es ja eine Premiere ist für uns", sagt Guido Kohnen. "Außerdem sind wir gut verpflegt. Die Frauen von Fernando und Romain, Petra und Christine, versorgen uns mit allerbestem Essen und Getränken. Von daher sehen wir sehr positiv in den Tag hinein."
Das erste Viertel ist geschafft und die vier Wanderer machen sich wieder auf den Weg. Mit dabei: eine gute Portion Optimismus. "Die letzte Etappe Sonntagfrüh wollen wir mit einigen Supportern zusammen gehen. Das sind nicht viele, aber sie haben gesagt, sie würden gerne die letzten 20 Kilometer mit uns gehen, damit wir ein bisschen Motivation haben, um die letzte Etappe zu schaffen."
"Von null auf hundert" hat sich dieses Jahr also nicht aufhalten lassen. Getrennt und doch gemeinsam mit 40 anderen Teams in ganz Belgien wird für den guten Zweck gewandert. Und auch wenn Oxfam dieses Jahr in der Organisation einen Umweg machen musste, das Ziel hat keiner aus den Augen verloren.
Andreas Lejeune