Deborah Da Silva ist in der Bewegung "Black Lives Matter" aktiv und hat ihre Jugend in Ostbelgien verbracht. Im BRF-Interview berichtet sie über persönliche Erfahrungen und Erwartungen: "Seit ich zwölf Jahre alt bin, lebe ich in Ostbelgien und ich muss ehrlich sagen, das Ganze habe ich so krass nie mitbekommen, wie zum Beispiel, dass ich jetzt irgendwie gewissentlich beleidigt wurde oder auch irgendwie angegriffen wurde. Es gab immer irgendwie Mikroaggressionen, die irgendwelche Leute hatten und irgendwie Bemerkungen, aber diese Bemerkungen haben leider schon so viele schwarze Menschen erlebt, dass das eigentlich schon fast zur Normalität wurde."
Eben diese gefühlte Normalität ist jedoch alles andere als normal. Denn das, was vielleicht als Witz oder Kompliment gemeint ist, oder im Nachhinein so gerechtfertigt wird, ist für die betroffene Person oft nur beleidigend: "Im Grunde jetzt, wo ich auch mit allem, was passiert, merke, wie viele Leute das erlebt haben, wie viele Leute immer die selben Sprüche, die selben Witze gehört haben, merkt man schon, dass es ein richtiges Problem ist."
Dieses Problem betrifft zuallererst den einzelnen, der anfängt, sich und sein Aussehen in Frage zu stellen: "Diese Bemerkungen bewirken immer noch, dass Leute sich irgendwie fehl am Platz fühlen, dass man sich diskriminiert fühlt und sogar rassistisch angegriffen wird."
Für Deborah Da Silva machte sich das umso mehr bemerkbar, da sie als junge Dunkelhäutige in Ostbelgien in der Minderheit war und sich oft alleine fühlte. Es fehlte die Möglichkeit, sich mit anderen jungen Menschen auszutauschen, die vergleichbare Erfahrungen gemacht hatten: "Das sind auch so Sachen, die sind halt nicht gut für das Selbstwertgefühl, vor allem nicht für ein schwarzes Mädchen, das aufwächst und in der Umgebung vielleicht nicht so viele schwarze Leute hat oder auch generell Ausländer. Weil Ostbelgien, zu der Zeit, wo ich damals gekommen bin, war halt überwiegend wirklich nur weiß, und auch in der Schule waren überwiegend Weiße."
Solch ein Verhalten richtet sich jedoch nie nur gegen eine einzige Person, sondern immer auch gegen eine bestimmte Gruppe, in diesem Fall schwarze Menschen. Und hier kommt "Black Lives Matter" ins Spiel, die sich für genau diese Gruppe einsetzen möchte: "Wenn man einfach in dieser Hautfarbe geboren ist, und direkt immer gesagt bekommt, dass da irgendwas nicht mit dir stimmt nur wegen einer Hautfarbe, ist das doch schon ziemlich enttäuschend, auch irgendwie traurig, weil man sich denkt, dafür kann man ja nichts, es ist ja nicht irgendwie so, dass man sich das auswählen kann. Und "Black Lives Matter" ist einfach nur dafür da, um den Leuten klar zu machen 'Ey, wir wollen eigentlich nur die selben Rechte haben, wir wollen nichts anderes'."
Deborah Da Silvas Forderungen lassen sich leicht zusammenfassen: Gleiche Rechte. Und damit meint sie vor allem die gleiche Behandlung jedes Menschen, unter anderem durch Justiz oder Polizei. Von ihren Mitmenschen wünscht sie sich vor allem eines - Verständnis: "Was ich mir wünsche, auch generell von weißen Menschen, ist einfach nur, dass sie dieses Verständnis aufbauen. Dass sie versuchen, uns zu verstehen und versuchen, sich unsere Geschichte mal wirklich anzugucken und nicht nur einfach das, was sie gelernt haben, weil vieles ist nicht richtig, was heutzutage im Schulsystem gelernt wird. Und dass die Leute versuchen, auch einfach mal einen Schritt zurück zu gehen um zu gucken 'Ok, warum sind viele schwarze Menschen so wütend?', 'Warum stellen sich viele schwarze Menschen jetzt so an und sagen mal 'Ey, wir wollen diese Rechte haben?'".
Andreas Lejeune