Das Königin-Fabiola-Haus in Eupen und die Wohngemeinschaft in Lommersweiler beherbergen zusammen rund 40 Menschen mit einer Behinderung. Für sie bedeuten die Maßnahmen zum Schutz vor Corona einen schweren Einschnitt in den Alltag: keine Besuche, keine Aufenthalte in der Familie, keine Beschäftigung in den Tagesstätten. Die Außenkontakte beschränken sich auf Aktivitäten in Kleingrupppen mit dem Betreuungspersonal.
Trotz aller Nachteile sei das der richtige Ansatz, "weil es nunmal Risikogruppen sind", meint Stephan Förster, Leiter der Dienststelle für Selbstbestimmtes Leben. "Im Bereich der Menschen mit geistiger Beeinträchtigung kommt dann noch hinzu, dass Maßnahmen im Bereich der Hygiene und Distanz besonders schwer umzusetzen sind. Somit hat man erstmal die Kontakte nach außen auf das notwendigste Minimum reduzieren können."
Begleitpersonal mit Schutzkleidung, Bewohner mit Masken, Leben auf engem Raum - viele Bewohner können diese Veränderungen nicht einordnen. "Diese Leute haben gleichzeitig eine hohe Sensibilität und Sensorik", weiß Förster. "Es ist dem ganz außerordentlich, tollen Einsatz des Betreuungspersonals zu verdanken, dass die Situation alles in allem stabil und halbwegs erträglich ist. Und das konnte wiederum nur dadurch erreicht werden, dass auch Personal von außen das Stammmpersonal der Wohnheime in dieser Zeit unterstützt."
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen haben sich auch Menschen in den Wohnheimen infiziert. Bereits seit vier Wochen wird in der Wohngemeinschaft Lommersweiler systematisch getestet, seit drei Wochen auch im Königin-Fabiola-Haus in Eupen. Die Situation sei unter Kontrolle, so Förster - obwohl es einige Krankheitsfälle gegeben hat. "Bei den Bewohnern waren es bislang sechs positiv nachgewiesene Fälle." Auch zwei Kollegen aus dem Betreuer- und Begleitstab hätten sich infiziert.
Wie in den Seniorenheimen soll es auch in den Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung bald Besuchsmöglichkeiten geben: ob im Gebäude oder draußen, in einem Zelt oder Container - die logistischen Voraussetzungen werden zur Zeit geprüft. Zudem will man jeden Einzelfall individuell prüfen. "Da gilt es, dass sich die Leitung der Einrichtung, die Person selber, der Bezugsbetreuer und auch die Familie ein gemeinsames Bild machen und abwägen, was die voraussichtlichen Reaktionen einer solchen Zusammenkunft wären", so Förster.
Sorge machen die möglichen psychischen Folgeschäden einer anhaltenden Isolierung der Menschen. Auch die Frage: Was wird aus Inklusion und Partizipation, die der Dienststelle für Selbstbestimmtes Leben so wichtig sind. "Was wir momentan machen, ist, trotz allen Einsatzes, eher Versorgung als wirkliche Teilhabe, Selbstbestimmung und Inklusion", sagt Förster.
"Das war in dieser Akutphase auch sicherlich nicht anders möglich, aber auch in dieser Zeit der Pandemie muss man sich wieder die Frage stellen, ob das, was wir machen, noch angemessen und sinnvoll, oder muss man Dinge wieder anders bedenken, wissend, dass jeder Schritt immer Ergebnis einer Risikoabwägung ist - und das in einer Situation, wo selbst Fachleute sagen, dass vieles weiterhin unbekannt und ungewiss ist."
Michaela Brück
Es geht uns privaten Wohnressourcen nicht anders. Ich betreue 2 Männer mit geistiger Beeinträchtigung und auch wir privaten Wohnressourcen kommen an unsere Grenzen. Seit fast 7 Wochen mache ich eine 24 Std. Betreuung und keinen einzigen freien Tag. Das Personal in den Wohnheimen hat wenigstens noch Schichtdienst und ab und zu mal frei. Meine Jungens dürfen nicht zur Tagesstätte nach Hergenrath und sie dürfen ihre Familien auch nicht sehen. Es ist für meine beiden sehr schwer das zu verstehen, bzw. für mich die Situation zu erklären. Einige WR haben sogar 4 Personen zu betreuen, das wäre doch wohl auch mal einen Bericht wert.
Ja Danke liebe Marlene du sprichst uns aus der Seele ,wir betreuen ebenfalls 3 Personen der Zustand verschlimmert sich von Tag zuTag ,zusätzlich muss ich noch meine 8 Std täglich arbeiten gehen. Wir sind langsam erschöpft.Den Lob hätten auch wir verdient,aber das scheint niemand zu Interessieren. Wir gehen nicht nach 8 Stunden nach Hause hier ist ein 24 Std. Dienst.Wenn das so weiter geht sind wir die Psychischen Patienten von Morgen.
Gaby ubd Patrick Maassen-Haselbach
Auch wir können den beiden Kommentaren nur zustimmen.
Schade dass in dieser Wertschätzenden Reportage kein Platz für die gute und wichtige Arbeit anderer Wohnformen(Wohnrecource, Ehrenamt...)gefunden wurde.
Menschen mit den unterschiedlichsten Unterstützungsbedürfnissen finden dort oft ein für viele ganz normales"ZUHAUSE"
Selbstverständlich wird die Begleitung von Personen mit Unterstützungsbedarf in den Wohnressourcen wertgeschätzt. Gerne sagen wir dies auch einmal in aller Öffentlichkeit und zitieren auszugsweise das Schreiben des Aufsichtsministers der Dienststelle und der Vertreter der verschiedenen Gremien der Dienststelle vom 14. April:
[…] auf diesem Wege möchten wir euch herzlich für euren Einsatz und den starken Zusammenhalt in dieser so außergewöhnlichen Situation danken. Krisen bringen das Gute und das Schlechte im Menschen nochmal deutlich hervor. Im Bereich der Unterstützung von Menschen mit Beeinträchtigung gilt ohne Wenn und Aber ersteres. […] Besonders hervorheben möchten wir an dieser Stelle die Wohnressourcen, die alle bereit waren, die dort lebenden Personen mit Unterstützungsbedarf auch wochentags ganztägig und an allen Wochenenden zu begleiten. […]
Ich denke, der BRF zeigt in seiner Berichterstattung viele Facetten der Krise. Vielleicht sind ja ihre Anmerkungen Anlass, der Öffentlichkeit auch einmal Einblick in die aktuelle Situation in den Wohnressourcen zu geben.
Herr Paasch, Herr Fink und alle. Wir brauchen jetzt Repräsentanten unserer DG die zu diesen besonders belasteten Menschen im Sozialwesen hingehen und alles menschenmachbare tun damit die schlimmsten Probleme die hier angesprochen wurden abgemildert werden.
Ich war im April 2 Wochen stationär in der Psychiatrie in St.Vith. Das Personal und die Therapien sind momentan gut, nur war es für mich persönlich sehr schwierig, dass man keinen Ausgang (außerhalb der Therapien) hat und keinen Besuch haben darf.
Ich wünsche mir, dass sich bald daran etwas ändern wird.