Vor der Coronakrise gingen in der Gemeinschaftspraxis von Florence Hilligsmann in Eupen 200 Mal pro Woche Patienten ein und aus. Seit dem 18. März ist die Praxis geschlossen und die drei Kinesitherapeuten sind in Kurzarbeit.
Grund für die Schließung ist die Anweisung der Föderalregierung, Physiotherapie nur noch in dringend notwendigen Fällen zu erlauben, um das Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus so gering wie möglich zu halten. Ein generelles Verbot, zu arbeiten, gibt es nicht. Die Frage lautet also: Welche Behandlungen sind "dringend notwendig". Darauf hat Florence Hilligsmann bis heute keine zufriedenstellende Antwort bekommen.
Auch weil sie und ihre beiden Kolleginnen nicht ausreichend Schutzmaterial hatten, hat Florence Hilligsmann entschieden, ihre Praxis zu schließen. Eine schwere Entscheidung, nicht zuletzt wegen der finanziellen Folgen. Zwar gibt es von der Sozialkasse eine Prämie in Höhe von 1.200 Euro. Die muss aber beantragt werden, und bisher hat Florence Hilligsmann noch keine Rückmeldung bekommen, ob ihr Antrag positiv beantwortet wird. Außerdem wird die Prämie später versteuert. Von einer Prämie der wallonischen Region für Selbstständige können Kinesitherapeuten auch nicht profitieren - sie gilt für Friseure oder Grafikdesigner, nicht aber für paramedizinische Berufe, denn Kinesitherapeuten haben kein Arbeitsverbot, sie dürfen in Notfällen weiter behandeln.
Gesundheitsminister Antoniadis überlässt den Kinesitherapeuten selbst die Entscheidung, ob sie weiter arbeiten, oder ob ihnen das Risiko zu hoch ist:
Stichwort Schutzmaterial
Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat eine Prioritätenliste erstellt, wer mit zusätzlichem Schutzmaterial ausgestattet wird. Auf dieser Liste stehen seit Ende letzter Woche auch die Kinesitherapeuten, wie der Gesundheitsminister erkärt.
Für Florence Hilligsmann ist das ein Schritt in die richtige Richtung. Trotzdem bleibt der Weg schwierig. Denn die Frage vom Anfang bleibt unbeantwortet: Was ist ein dringend notwendiger Fall?
Judith Peters