20 Porträts junger Menschen im vom Krieg zerbeutelten Aleppo hat Willi Filz aus Syrien mitgebracht. Er hat sie nach ihren Träumen gefragt, nach dem, was ihnen wichtig ist. Die 18- bis 25-jährigen Syrer gehören zur Jugendgruppe einer Kunst-Galerie in Aleppo. "Sie versuchen, ihr Leben zu leben. Aber sie sind natürlich extrem begrenzt, was Reisen oder Austausch anbetrifft", erklärt Filz. "Darum sind viele froh, dass jemand aus Europa dort war, den man sonst nicht treffen würde."
Viele von ihnen versuchen zu studieren. Doch der Krieg legt ihnen Steine in den Weg. "Es ist eine andere Form von Studieren", weiß Filz. "Prüfungen fallen aus, Lehrer flüchten und die Qualität sinkt."
Dabei haben sie Träume, wie alle junge Menschen sie haben: berühmt zu werden oder Erfolg zu haben, aber mit weniger Chancen. "Sie wollen einfach ihr Leben aufbauen und beklagen sich, keine Jugend gehabt zu haben. Sie mussten schneller erwachsen werden, hatten aber nicht die Möglichkeiten und Freiheiten eines Erwachsenen."
Den Kontakt zu den Jugendlichen knüpfte Willi Filz über die Kunstgalerie "Le Pont" in Aleppo. Sie hatte den Ostbelgier eingeladen, dort seine Fotos vom Jakobsweg zu zeigen. Vor 19 Jahren war Willi Filz schon einmal in Syrien, um dort auszustellen und zu fotografieren. Seitdem hat der Krieg vieles im Land verändert. "Die Stadt ist viel ruhiger geworden, auch weil viele geflüchtet sind", sagt Filz. "Zum anderen ist auch eine gewisse Offenheit unter den Kulturen entstanden. Um sich aufzulehnen, ist gerade die Jugend selbstsicherer geworden. Das ist ganz klar ein Unterschied."
Trotz der Kriegssituation konnte Willi Filz so gut wie ohne Einschränkungen in Aleppo fotografieren, und auch die Jugendlichen zeigten sich offen für seine Arbeit. "Ich habe mich mit den Jugendlichen immer abgesprochen. Sie konnten vorschlagen, wo sie gerne fotografiert werden. Ich suche natürlich immer einen Ort mit privatem Bezug, zu Hause, wo man lebt, oder da, wo man Hobbys macht: im Schwimmbad, in der Kirche, im Schlafzimmer - das sind die privaten Momente, die auch für die Geschichte wichtig sind."
Für Willi Filz war der Syrien-Aufenthalt dieses Mal eine besondere persönliche Erfahrung: Zum ersten Mal war er in einem Kriegsgebiet. "Es war schon sehr belastend für mich, das alles zu verarbeiten", erzählt Filz. "Aber ich habe gedacht: Wenn die Menschen das acht Jahre schaffen, dann schaffe ich es das auch einen Monat. Und ich habe immer das Glück, ein Rückreiseticket in der Tasche zu haben."
Bei der Rückreise hatte Willi Filz nicht nur viele Fotos mit im Gepäck, sondern auch viele intensive Eindrücke und reiche Erfahrungen. Seine Porträts wird er demnächst in Ostbelgien zeigen und später auch in Syrien. In Aleppo wurde er eingeladen, nächstes Frühjahr seine Fotos dort auszustellen.
Michaela Brück