Die Weihnachtstage sind eigentlich eine besinnliche Zeit gemeinsam mit der Familie. Doch als die Ardennenoffensive vor 75 Jahren tobte, erlebten viele St. Vither Familien ausgerechnet an Weihnachten einen Albtraum, als ein Bombenhagel die Stadt quasi gänzlich zerstörte.
Ein Sternenmarsch durch St. Vith erinnerte an eben dieses Ereignis. Mit Fackeln zogen die Teilnehmer durch die Straßen, die damals in Schutt und Asche gelegt wurden. Start des Marsches war an acht verschiedenen Stellen: Prümer Straße, Wiesenbacher Straße, Klosterstraße, Sonnenhang, Rodter Straße, Malmedyer Straße, Reulandstraße und Gerberstraße. "Straßen, die es damals schon gegeben hat - und von denen wir auch Bilder hatten, die die Zerstörung und das Ausmaß des Krieges zeigen", sagt Pastor Claude Theiss.
Für den Fackelzug wurde die Stadtbeleuchtung zeitweise ausgeschaltet. Denn auch damals vor 75 Jahren herrschte in St. Vith Dunkelheit - zumindest im übertragenen Sinne. Somit hatten auch die Fackeln natürlich ihre symbolische Wirkung: "Wir wollten ein Licht der Hoffnung entzünden", erklärt Pastor Theiss.
Zusammen kamen alle Teilnehmer des Sternenmarsches an einem Ort, nämlich dem Denkmalplatz vor der Kirche. Dort wurde bei feierlicher Musik der Opfer des Krieges gedacht und ein Kranz auf das Denkmal niedergelegt. Nach der Brabançonne versammelten sich die Teilnehmer in der Pfarrkirche zum Gottesdienst.
Die grausamen Folgen des Krieges müssen auch heute noch Leute erleiden. Auch dafür fand Pastor Claude Theiss mahnende Worte. Welche schrecklichen Ausmaße der Krieg hat, daran erinnern aber nicht nur Bilder des zerstörten St. Vith, sondern auch Zeitzeugen, wie der St. Vither Franz Ingenleuf. Sowohl die Bombardierung im August 1944 als auch der Bombenhagel an Weihnachten 1944 sind ihm lebhaft im Gedächtnis geblieben.
"Wir haben die Bombardierungen an Weihnachten im Keller in der Wiesenbacher Straße erlebt. Am zweiten Weihnachtstag kam der Dechant uns warnen: 'Schaut, dass ihr heute wegkommt. Es wird schlimmer'. Dann sind wir nach Galhausen geflohen", berichtet Ingenleuf. "Dort blieben wir sechs Wochen mit 40 anderen Flüchtlingen". Das Haus seiner Familie war wie das vieler anderer nach dem Bombenhagel vollständig ausgebrannt.
Noch heute ist die Weihnachtszeit eine schwere für Franz Ingenleuf. Und auch die Kriege vielerorts gehen ihm nahe. "Ich habe Präsident Bush einen persönlichen Brief geschrieben, als er in Irak eingedrungen ist und ihm meine Kriegserfahrung geschildert: Dass meine Heimatstadt zerstört worden ist", erzählt er gerührt. "Schließlich ist die Ardennenoffensive vielen Amerikanern ein Begriff. Und da habe ich ihn gebeten, keinen Krieg zu führen."
Dass irgendwann kein Krieg auf der Welt herrscht, daran glaubt Franz Ingenleuf nicht. Frieden kann aber jeder zumindest in seine eigene kleine Welt bringen, findet der 86-Jährige: "Was wir machen können ist, Frieden in unsere Nachbarschaft und unsere Familie zu bringen."
Raffaela Schaus