Der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont hatte am Donnerstag eine Expertenrunde organisiert, bei der sich die Junglandwirte ein Bild von dem machen konnten, was mit Mercosur - dem Abkommen mit den vier südamerikanischen Ländern Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay - wahrscheinlich auf sie zukommen wird. "Mercosur: Autos gegen Fleisch?" - unter diese Frage hatte Arimont das Treffen gestellt.
Autos gegen Fleisch - das ist eine überspitzte Zusammenfassung der kritischen Diskussion, die bislang in der Öffentlichkeit über das Abkommen geführt wird. Denn aus EU-Sicht wird vor allem die europäische Autoindustrie von neuen Exportmöglichkeiten nach Südamerika profitieren. Im Gegenzug verpflichtet sich die EU dazu, viele landwirtschaftliche Artikel, vor allem Rindfleisch, aus Südamerika einzuführen, obwohl das in Europa eigentlich nicht gebraucht wird.
Wie es zu der Veranstaltung kam, erklärte Arimont nach dem Treffen wie folgt: "Ich habe regen und ständigen Kontakt mit der Landwirtschaft in Ostbelgien. Unter anderem auch mit der Jugendorganisation, dem Grünen Kreis, und die sind auch an mich herangetreten und haben gesagt: Hör mal, da steht jetzt auch noch das Mercosur-Abkommen zur Diskussion. Das könnte dazu führen, dass bei uns das Fleisch noch weniger wert ist und wir noch größere Schwierigkeiten haben. Können wir dazu mal Infos haben? Da habe ich gesagt: Ja, okay, ich kann euch die Infos selbst geben. Oder ich lade euch nach Brüssel ein und lasse euch da mit Experten diskutieren. Dann könnt ihr euch eure Meinung selbst dazu bilden. Und genau das ist passiert."
Bei der Auswahl der Experten hatte Arimont nicht gekleckert. Für das gute Dutzend Landwirte des "Grünen Kreises" und noch ein halbes Dutzend weiterer Gäste aus Ostbelgien konnte Arimont mit Jorgo Riss den Vorsitzenden von Greenpeace Europa gewinnen, mit Pieter Verhelst ein Vorstandsmitglied des flämischen Landwirtschaftsverbandes Boerenbond, dazu Andreas Thurner von der Landwirtschaftskammer Österreich, Eleonora Catella von der europäischen Handelskammer „Business Europe“ sowie zwei auf internationalen Handel spezialisierte Abgeordnete aus dem Europaparlament.
Bewusst war das Podium also widersprüchlich besetzt. Die Meinungen über das Handelsabkommen wichen in der Diskussion dann auch deutlich voneinander ab. Bei den Zuhörern kam das gut an. Christoph Baum, Vorsitzender des Grünen Kreises Eupen, sagte: "Die Diskussionsrunde fand ich sehr interessant. Es war sehr schön, die verschiedenen Themenbereiche zu sehen und die Leute, die dafür und die Leute, die dagegen sind. Das waren Leute vom Fach, die wussten, wovon sie sprachen. Und so kann sich jeder jetzt seine Gedanken dazu machen. Alles sacken lassen. Und sich selber seine Meinung dazu bilden. Ich denke, dass es noch einige Gespräche über dieses Thema geben wird. Und dann schauen wir mal weiter."
Auch Baums Kollegin aus dem Grünen Kreis Eifel, Elena Theissen, zeigte sich zufrieden, allerdings mit einer Einschränkung: "Ich fand es eigentlich ziemlich interessant, weil verschiedene Standpunkte uns nahegebracht wurden. Man hat ja selbst schon eine Meinung dazu. Es ist aber auch gut, mal immer wieder etwas anderes zu hören. Allerdings fand ich es schade, dass nicht so viel Zeit zum Diskutieren war. Ich wäre eigentlich gerne noch näher auf einige Themen eingegangen. Ja, das fand ich etwas schade."
Mit einer klaren Antwort auf die Frage, unter der die Veranstaltung stand, also: Mercosur - Autos gegen Fleisch?, konnten die Junglandwirte zwar nicht nach Hause fahren. Trotzdem hätten sie Einiges gelernt. "Dass das alles noch gar nicht soweit ist, wie man meint. Das ist alles ein langer Weg", meinte etwa Christoph Baum.
Und auch Veranstalter Pascal Arimont zog eine positive Bilanz: "Ja, ich bin sehr zufrieden. Es war eine gute Diskussion, es gab interessante Beiträge. Aus solchen Nachmittagen nehme ich immer sehr viel mit. Es wird morgen nicht darüber entschieden werden, ob Mercosur kommt oder nicht. Das ist ein Prozess, den wir jetzt angehen. Ich finde es aber wichtig, vor allem auch für die jungen Landwirte, die heute hier waren, dass sie das Thema kennen."
"Das ist auch meine Aufgabe als Abgeordneter: dass man der Zivilgesellschaft oder gewissen Verbänden Informationen bringt, die wichtig sind, was ihren Beruf angeht. Da ist etwas, was ihren Beruf bedroht. Also müssen sie darüber Bescheid wissen. Und dann müssen sie selbst auch ihre Schlussfolgerungen ziehen."
Kay Wagner