Vor vier Jahren empfing auch Ostbelgien eine große Zahl von Neuankömmlingen. Darunter befanden sich Kriegsflüchtlinge, Asylbewerber und Migranten. In der Gesellschaft sorgte das teilweise für Sorge und Misstrauen.
Viele Aktionen wurden ins Leben gerufen, um Vorurteile abzubauen, wie die Initiative "Begegnungsorte". Verschiedenste Einrichtungen konnten sich als so genannter Begegnungsort registrieren lassen und wurden damit zu einem Ort des kulturellen Austauschs. Das Projekt war ein großer Erfolg. Beinahe 100 Begegnungsorte wurden so geschaffen.
Nun sind drei Jahre vergangen, doch der Bedarf nach Initiativen ist geblieben. Vieles, was früher als Tabu galt, ist mittlerweile salonfähig geworden. Rechtsgerichtete Parteien gewinnen in ganz Europa an Wählerstimmen und besonders in den sozialen Netzwerken ist der Ton rauer geworden. Gründe für eine Neuauflage von "Begegnungsorte" gibt es also genug.
Doch die nun gestartete Kampagne unterscheidet sich vom Pilotprojekt. Die bedeutendste Neuerung besteht darin, dass sich das Projekt nun an eine deutlich größere Zielgruppe richtet. Nathalie Peters von Info Integration beschreibt die Neuerung so: "Die Idee war, diese Kampagne von 2016 zu erweitern. Damals ging es uns wirklich um die Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen und Migranten."
"Wir haben uns aber jetzt gesagt, dass es ganz viele Personengruppen gibt, die auch darunter leiden, dass sie in dieser Mehrheitsgesellschaft nicht dazu gehören. Deswegen möchten wir diese Menschen nun auch mit einbeziehen. Beispielsweise handelt es sich dabei um Menschen mit Beeinträchtigung, die nicht überall Zugang haben, oder Homosexuelle, die sich irgendwie immer noch ausgegrenzt fühlen."
Jetzt richtet sich das Projekt also gegen jegliche Form der sozialen Diskriminierung. Begegnungsort kann im Grunde jede Körperschaft werden. Unter den Projektteilnehmern befinden sich Unternehmen, Organisationen, Sportvereine, Bildungseinrichtungen, Kulturzentren und Verwaltungen.
Die Initiative spricht die gesamte Gesellschaft an. Und auch für die Körperschaften ist die Teilnahme attraktiv. "Begegnung erfordert ja immer, dass zwei Seiten Schritte aufeinander zu machen", sagt Luc Assent vom Animationszentrum Ephata. "Es reicht also nicht, zu sagen: 'Wir sind offen für alle, jeder kann kommen', es soll eigentlich auch ein aktives Überlegen sein, wie kann man auf Menschen zu gehen kann."
Ein Projekt also, das sich für alle Beteiligten lohnt. Begegnungsorte, die bereits 2016 teilgenommen haben, müssen sich für die zweite Kampagne erneut anmelden. Das entsprechende Formular ist im Internet unter begegnungsorte.be erhältlich. Bereits 40 Teilnehmer haben sich für die zweite Auflage angemeldet, darunter unter anderem die Stadtverwaltung Eupen, das Parlament der deutschsprachigen Gemeinschaft und die KLJ Ostbelgien.
Fotowettbewerb
Und das Projekt startet auch gleich eine erste Aktion. Es handelt sich um einen öffentlichen Fotowettbewerb zum Thema "Begegnung". Künstlerische Fotoaufnahmen zu Begegnungen in unserer Gesellschaft können noch bis zum 15. November eingesendet werden. Selbstverständlich gibt es auch etwas zu gewinnen.
"Wir haben uns da etwas ganz Besonderes überlegt. Und zwar prämieren wir die drei schönsten Fotos mit einem internationalen Dinner und dafür haben wir uns überlegt, dass dieses Dinner an einem ganz besonderen, außergewöhnlichen Ort stattfinden wird. Wo genau, wird noch nicht verraten. Sicher ist jedenfalls, dass es an diesem Ort noch kein Dinner gab", so Stephanie Kubeil von der Frauenliga.
"Begegnungsorte" richtet sich also in der zweiten Kampagne an die gesamte Gesellschaft und will jedem offenstehen. Nathalie Peters fasst das Anliegen des Projektes folgendermaßen zusammen: "Die Motivation ist einfach. Wir wollen Ostbelgien darstellen als einen Ort, an dem man gut leben kann und an dem jeder jeden leben lässt. Man kann sich hier entfalten und wir heißen Vielfalt willkommen. Wir leben nicht hinter einem Berg oder auf einer Insel, auf der wir vorgeben, alle gleich zu sein."
Mit neuen Projekten will die Initiative "Begegnungsorte" in die Zukunft starten. Es soll eine Zukunft der Vielfalt und des kulturellen Miteinanders sein. Eine Zukunft, in der sich Menschen und Kulturen begegnen.
Max Kirchens