"Am anderen Tag morgens ging der große Rummel los: Über Nacht waren die Amerikaner da. Oh, das war was", erinnert sich Johanna Gallo-Schmitz. "Man hatte uns erzählt, dass da Schwarze dabei sind, die einem die Kehle durchbeißen würden und man hatte Angst. Aber das war nicht so. Das waren gute Jungs. Wir bekamen Chewing-Gum und Schokolade von den Soldaten. Das kannten wir ja gar nicht."
Johanna Gallo-Schmitz hat die Befreiung im September 1944 noch gut in Erinnerung. Acht Jahre war sie damals alt. Zwei Brüder waren bereits im Krieg. Mit sechs weiteren Geschwistern und ihren Eltern lebte sie in Steinebrück, als die Amerikaner kamen. "Wir waren täglich mit ihnen zusammen. Das ging rein und raus. Sie nahmen uns mal mit im Jeep, auf einem Wagen oder Panzer. Da war ein Gewimmel in dem Dorf."
Man arrangierte sich mit der amerikanischen Besatzung. Drei Monate später wurde schlagartig wieder alles anders. "Eines Tages hieß es: Die Deutschen kommen zurück. Was verstand ich davon? Ich erinnere mich nur, dass sie überall schwer geschossen haben. Eines Tages kam ein ganzer Trupp Jungs in unsere Küche: 'Wasser, Wasser!' Sie waren ganz schmutzig und am schwitzen, sie waren vorne an der Front gewesen. Dann hat meine Mutter einen Eimer Wasser mit einer Kelle auf den Tisch gesetzt. Sie haben sehr viel getrunken und gesagt: 'Das schmeckt ja wie Schnaps.'"
Mit der Ardennen-Offensive geriet auch Steinebrück ins Zentrum der Gefechte. Am 13. Januar 1945 traf eine Bombe das Haus der Familie Schmitz. "Auf einmal blitzte das Fenster, und dann war alles dunkel. Das Haus war zusammengeklappt und wir lagen drunter."
Johanna aber überlebte - wie durch ein Wunder. "Ich habe nach dem ersten Schlag gemerkt, dass jemand auf mir liegt. Er rührte sich immer, aber plötzlich war er ruhig. Er war auf mir gestorben", erinnert sich Johanna Gallo-Schmitz. "Die Kameraden haben dann aufgeräumt und ihn gefunden. Und als sie ihn herauszogen, fanden sie mich als Kind darunter."
Auch ihre Schwester Anna hatte überlebt - ebenso ihr Bruder Hubert und der Vater, die nicht zu Hause waren. Die Mutter und vier weitere Geschwister konnten nur noch tot geborgen werden. Zeit zu trauern blieb nicht. Die Überlebenden mussten Schutz suchen.
Das ganze Dorf fand Zuflucht in einem alten Schieferstollen. "Da haben wir sechs Wochen drin gelegen auf Steinen. Es war kalt. Wir hatten nur das an, was wir am Leibe trugen. Wir hatten nichts mehr", erzählt die Zeitzeugin. "Es gingen schon mal ein paar Frauen unter Lebensgefahr ins Dorf und kochten ein bisschen Suppe."
Zum Ende des Krieges fand die Familie bei Verwandten in Steinebrück Zuflucht. Zwei Jahre dauerte es, bis der Vater sein zerstörtes Haus wieder aufgebaut hatte. Das Kriegstrauma wurde verdrängt. "Vater hat nie drüber gesprochen. Er hat nur gesagt: Hoffentlich kommen die zwei Jungs noch nach Hause. Die sind aber auch nicht mehr gekommen."
Die Erinnerungen an den Krieg lassen Johanna Schmitz bis heute nicht los. Es ist ein unbewältigtes Trauma, das ihr Mann Hubert und ihre Familie mit tragen.
Michaela Brück
Es war fast unsagbar grausam.
Das dies ein Trauma bewirkt ist
sehr gut zu verstehn.
Dramatische Geschehnisse: Das vergisst keiner...zu hoffen bleibt,dass sowas oder Aehnliches nie mehr geschieht...aber eine Garantie gibts dafuer wirklich nicht!