Rinderherpes - eine Krankheit, von der Nicht-Landwirte vermutlich noch nie gehört haben. Für den Menschen ist die Virus-Erkrankung völlig ungefährlich. Man kann sogar das Fleisch von infizierten Tieren essen oder die Milch trinken.
Dass ein Tier das Virus in sich trägt heißt nicht automatisch, dass die Krankheit ausgebrochen ist, erklärt Marc Schröder vom Bauernbund Ostbelgien: "Diese Herpesviren können sich im Tier verstecken und erst wenn das Tier dann Stress hat, kann es sein, dass die Krankheit ausbricht. Für den Landwirt ist das dann natürlich sehr plötzlich und dann kann es eben auch zu enormen Verlusten kommen."
Das Virus verursacht Atemwegserkrankungen und kann bei trächtigen Rindern Fehlgeburten verursachen. In der EU hat man deshalb dem Virus schon vor einigen Jahren den Kampf angesagt: "Die Deutschen arbeiten schon 22 Jahre an der Bekämpfung, die haben auch inzwischen einen hohen Schutzstatus erreicht . Die Belgier arbeiten seit zwölf Jahren daran, die ersten fünf Jahre freiwillig, die letzten sieben Jahre verpflichtend. Wir sind noch nicht so weit wie in Deutschland, haben also noch eine Reihe von Tieren, von denen wir wissen, dass sie das Virus in sich tragen. Die versucht man dann aufzuspüren und zum Schlachter zu bringen."
Für Anja Giesen und ihre Familie sind die letzten Tage keine leichten gewesen. Ihr Hof ist einer der betroffenen Höfe in Aachen. Er liegt direkt an der deutsch-belgischen Grenze und zählt 530 Tiere, bestehend aus einer Milchkuh-Herde und entsprechendem Jungvieh. Anja Giesen erklärt, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass das Virus jetzt bei ihren Tieren festgestellt wurde: "In Oberforstbach hat man das Virus auf einem Hof bei einigen Tieren festgestellt. Aufgrund dessen wurden dann alle Höfe, die im Umkreis von drei Kilometern zu diesem Hof liegen, mit den Routineuntersuchungen vorgezogen. Wir haben unsere Tiere noch im Januar getestet, da war alles in Ordnung. Somit haben wir uns dieses Mal gar nichts dabei gedacht, aber dann kam der Hammer." Zwischen 75 und 85 Prozent der Tiere tragen das Virus in sich. Jetzt soll daher der ganze Bestand getötet werden. "Das sieht dann so aus, dass die schlachtfähigen Kühe zum Schlachter gebracht werden. Und die hoch-tragenden Kühe müssen eingeschläfert werden, genauso wie die kleinen Kälber. Da kann man sich vorstellen, wie schrecklich das ist."
Stellt man das Virus bei einem Tier fest, geht man in Belgien anders mit der Situation um als in Deutschland, sagt Marc Schröder: "Wenn das Virus in Belgien bei einem Tier festgestellt wird, wird das im Rinderpass notiert. Das Tier darf dann noch gemästet werden in speziellen Betrieben, muss aber danach auch zum Schlachter. Es darf nicht mehr in die Zucht zurück. So versucht man, mit und mit alle Betriebe frei zu bekommen. In der Wallonie haben wir noch 14.000 Tiere, die das Virus tragen."
Um zu verhindern, dass das Virus auf andere Tiere übergeht, arbeitet man in Belgien mit Impfungen. So möchte man verhindern, dass neue Trägertiere hinzu kommen. In Deutschland handelt man anders. In Aachen sollen direkt ganze Herden geschlachtet werden. Eine Katastrophe für die Betroffenen. Dass die sich jetzt wehren wolle, kann auch Marc Schröder sehr gut nachvollziehen: "Die Leute haben ja auch in der Vergangenheit Maßnahmen ergriffen, um die Tiere zu schützen. Oft können sie sich auch nicht erklären, wie das Virus wieder auftauchen konnte. Finanziell, aber auch emotional ist das eine große Belastung."
Für Anja Giesen und ihre Familie ist die derzeitige Situation eine Katastrophe. Der Hof ist schließlich ihre Existenz: "Finanziell ist es fraglich, welche Entschädigung es gibt. Eigentlich soll die Seuchenkasse zahlen, aber es gibt Fälle von Höfen, die immer noch auf ihr Geld warten. Dann kommt noch hinzu, dass es noch keine Einheit gibt, wie man die Tiere bewertet. Bei Mastbetrieben steht natürlich das Schlachtgewicht im Vordergrund, bei einer Milchkuh ist das anders, die ist ja viel leichter." Dementsprechend kleiner könnte also auch die Entschädigung ausfallen. Die Situation ist dramatisch, Familie Giesen setzt daher auch auf die Unterstützung aus der Bevölkerung. Man möchte darauf aufmerksam machen, dass es sinnlos ist, Tiere, die noch keine Krankheitssymptome zeigen, zu schlachten. Und trotzdem setzt man auch auf den Rechtsweg, hat Widerspruch eingelegt und hofft so, die Tiere retten zu können.
Lena Orban
wir sind absolut gegen die Tötung der Tiere!