Der 1. Juni 2018 wird Edgar Heinen und seiner Ehefrau wohl immer in Erinnerung bleiben: Der Tag, an dem der Keller ihres Restaurants "Zur Alten Mühle" unter Wasser stand.
"Morgens hat meine Frau mich geweckt. Da war es stark am regnen, aber ich hatte nicht gedacht, dass es für uns gefährlich werden könnte. Doch im Laufe des Morgens ist das ganze Wasser von St. Vith aus runter gekommen. Gegen halb 8 Uhr stand unser Keller voll mit Wasser etwa 1,80m hoch. Die Fässer schwammen, die Toiletten, die Heizungen und Kühlungen standen unter Wasser. Alles aus Holz war beschädigt", erinnert sich Edgar Heinen noch genau.
Mittlerweile läuft das Restaurant in Wiesenbach wieder im Normalbetrieb, aber ganz wie vorher ist es nicht. "Wir sind nicht mehr die Jüngsten und haben nicht alles neu aufgebaut. Die Schäden haben wir zwar größtenteils erstattet bekommen, aber natürlich war unser Material auch nicht das neueste. Dadurch war die Schadenssumme eingeschränkt."
Ähnlich sieht es beim Roten Kreuz in St. Vith aus. Auch dort hat das Unwetter heftige Schäden hinterlassen: "Alle Schäden wurden nicht von der Versicherung ersetzt, aber wir haben unser Haus so saniert, dass es wieder funktionstüchtig ist und fast genau so schön wie früher", erzählt Marie Hélène Düsseldorf, Präsidentin des Roten Kreuzes in St. Vith.
"Von der Versicherung wurden etwa 70% der Schäden gedeckt. Die 30% haben wir uns mit Arbeit und Wohlwollen der Bevölkerung organisiert und mithilfe von Leute, die das Rote Kreuz genau so lieben wie ich", so Düsseldorf.
Gemeinde soll Lösung finden
Nun ist es möglich, dass das Wallonische Amt für Naturkatastrophen Kosten übernimmt, die noch nicht erstattet wurden. Denn die Überschwemmungen wurden von der Wallonischen Region als Naturkatastrophe anerkannt.
Für Betroffene heißt das, dass sie eine Entschädigung beim regionalen Amt für Katastrophenschutz einreichen können. Auch das Rote Kreuz in St. Vith will einen Antrag stellen: "Wir werden jetzt eine Aufstellung machen, was die Versicherung erstattet hat, was wir effektiv ausgegeben haben, was noch zu machen ist. Denn einiges haben wir fallen lassen, da es finanziell nicht drin war", sagt die Präsidentin der Lokalsektion des Roten Kreuzes.
Wichtiger als eine Rückerstattung ist für Marie-Hélène Düsseldorf aber, dass Vorsichtsmaßnahmen für die Zukunft getroffen werden. Denn wenn der Himmel sich wie in den letzten Tagen wieder zuzieht, überkommt sie die Angst, dass sich das Ereignis vom letzten Jahr wiederholt: "Es hat sich seitdem ja nichts geändert. Unser Gebäude ein Meter höher legen, das geht nicht." Marie-Hélène Düsseldorf fordert von dem neuen St. Vither Kollegium, dass es Lösungen findet. "Der Klimawandel kommt nämlich sicher. Was uns dann erwartet, kann aber keiner ahnen."
Ähnlich geht es den Betroffenen in Wiesenbach: Edgar Heinen aus Wiesenbach wünscht sich Maßnahmen, "damit das Wasser langsamer fließt". Auch er habe sich vor dem Unwetter keine Gedanken darüber gemacht. "Aber jetzt haben wir es selbst gesehen, wie schnell die Gewässer von St. Vith hier runterfließen."
Katastrophenalarm in Born
In der Gemeinde Amel haben Betroffene sich ebenso gegen weitere Überschwemmungen gewappnet. Besonders vorsichtig ist man in der Burgstraße in Born, die direkt an der Emmels liegt. Dort herrschte am 1. Juni 2018 "Katastrophenalarm", erinnert sich Anwohnerin Ursula Groß. Innerhalb einer Dreiviertelstunde war ihre Straße überflutet und das Wasser reichte bis über die Knie.
Ihr Haus hat bei der Überschwemmung Schaden davon getragen: "Der Keller wurde ziemlich beschädigt. Auch unser Rasenmäher-Roboter ist uns abgesoffen." Von der Versicherung wurde alles zurückerstattet. Ursula Groß nimmt es mit Humor, aber noch einmal möchte sie so eine Katastrophe nicht erleben. Für den Notfall hat sie ihren Mann Sandsäcke füllen lassen. "Bei der momentanen Wetterlage weiß man nie. Und wir liegen hier direkt neben der Emmels - also im Risikogebiet."
Zumindest halten die Einwohner des "Risikogebietes" in der Borner Burgstraße zusammen. So fand die Nachbarin beispielsweise Zuflucht bei Ursula Groß, als ihr eigenes Haus überflutet war. Dorthin gekommen wäre sie aber nicht ohne Hilfe der Feuerwehrmänner.
Vielen wird der 1. Juni 2018 wohl nicht nur wegen der Riesenmengen Wasser in Erinnerung bleiben. Auch die Solidarität und die stundenlangen Einsätze der Feuerwehr machten dieses Datum außergewöhnlich.
Davon war nicht zuletzt Marie-Hélène Düsseldorf vom Roten Kreuz gerührt: "Anfangs wollte ich aufgeben. Aber dann standen da 30 Leute, die mit anpacken und sich sogar Urlaub genommen haben. Das war eine Sternstunde beim Roten Kreuz. Das hat mich am meisten beeindruckt."
Was bedeutet die Anerkennung als Naturkatastrophe für Betroffene?
Gemeint sind ausdrücklich die Überschwemmungen, die zwischen dem 22. Mai und dem 3. Juni in verschiedenen Gemeinden der Wallonie stattgefunden haben. In der DG betrifft das die Gemeinden St. Vith, Bütgenbach, Burg-Reuland, Amel und St. Vith.
Betroffene können eine Entschädigung beim regionalen Amt für Katastrophenschutz beantragen. Dafür haben Geschädigte bis Ende September Zeit.Die nötigen Dokumente kann man in seiner Gemeinde erhalten oder online auf der Seite der Wallonie: pouvoirslocaux.wallonie.be
Jacquy Lauffs von Ethias empfiehlt außerdem, die Akte gemeinsam mit dem eigenen Makler auszufüllen, um sicher zu gehen, was von der Versicherung bereits erstattet worden ist und was nicht.
Raffaela Schaus