Der Chef des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses Luca Jahier residiert im Brüsseler Jacques Delors-Building in direkter Nachbarschaft zu Karl-Heinz Lambertz, dem Präsidenten des EU-Ausschusses der Regionen. Die beiden verbindet vieles, vor allem das Anliegen, Europa zu erneuern und zu stärken, nicht zuletzt durch eine bessere Einbeziehung der Bürger in Entscheidungsprozesse.
Beide sind sich einig, dass die beratenden Institutionen, denen sie vorstehen, noch enger zusammenwirken müssen, um bei der Wiedergeburt eines offenen Europas zu helfen. Im Quartum Center gab es nun einen Austausch mit Vertretern des Wirtschafts- und Sozialrates, den Sozialpartnern und hiesigen Akteuren der Sozialökonomie sowie Vertretern aus Politik und Gesellschaft.
Jahier zog ein überaus positives Fazit: "Es ist immer wieder wunderbar zu entdecken, wie divers Europa ist. Zum zweiten: Der Dialog, der hier stattfindet mit den verschiedenen Akteuren, hat gezeigt, dass es eine große Zahl vitaler Kräfte gibt, die in der Lage und willens sind, neue Wege zu gehen und die Zukunft zu gestalten. Das Problem ist nur: Man müsste noch mehr zusammenstehen, die Stimme gemeinsam erheben, um die Minderheit von Zerstörern, von politischen Vertretern, die Hass und Teilung propagieren, zu überwinden."
"Darüber hinaus war es die Gelegenheit, die politischen und persönlichen Verbindungen mit Karl-Heinz Lambertz zu vertiefen. Er war und ist nach wie vor der Protagonist der Politik in dieser Region - auch jetzt als Präsident einer von zwei großen beratenden Institutionen in der EU. Wenn man die Kraft sieht, mit der er politische Arbeit in dieser Region gemacht hat, bestärkt mich das in der Idee, dass wir gemeinsam einen wichtigen Beitrag leisten können zu einem offenen, zukunftsgewandten Europa, hin zu einer Renaissance Europas, was der Slogan meiner Präsidentschaft ist."
Sieht Javier die Regionen und Gliedstaaten in der EU ausreichend gut repräsentiert? "Man kann es immer besser machen. Man muss aber auch sagen, dass wir schon viel getan haben, auch dank Karl-Heinz Lambertz. Er hat dem Ausschuss der Regionen noch einmal mehr Bedeutung und Gewicht gegeben. Vor allem haben wir die Initiative ergriffen zu einer besseren Zusammenarbeit unserer beiden beratenden Institutionen. Das wird beide stärken."
Zu den Gesprächspartnern Javiers' gehörte auch Renaud Rahier als Vizepräsident des Wirtschafts- und Sozialrates Ostbelgien. Rahier äußerte sich hochzufrieden mit den Visionen und Perspektiven, die der parteilose italienische Gast aufzeigte. "Er hat uns seine Visionen von einer Renaissance dargestellt - eine sehr wichtige Sache. Wir brauchen tatsächlich eine Wiedergeburt von Europa. Wenn man sieht, was in England passiert, das ist eine sehr ungünstige Situation. Wir müssen vermeiden, dass noch andere Leute auf die Idee kommen, man könnte Europa einfach so verlassen und diesen Jahrhundertvertrag kündigen - einen Vertrag, der uns Jahrzehnte Frieden gebracht hat", so Rahier.
Gastgeber Karl-Heinz Lambertz skizzierte den Rahmen des Besuchs, um schließlich noch einmal eines seiner Hauptanliegen, die stärkere Beteiligung der Bürger und der Zivilgesellschaft, zu formulieren. "Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschusses ist der ältere Bruder des Europäischen Ausschusses der Regionen. Wir sind die beiden Gremien, die dem Parlament, dem Ministerrat und der Kommission ihre Stellungnahmen mitteilen aus ihrer jeweiligen Sicht."
"Wir haben das gemeinsame Interesse, unsere Standpunkt so wirkungsvoll wie möglich an die Entscheidungsträger heranzutragen und unsere eigene Basis möglichst intensiv zu mobilisieren. Wir arbeiten auch deshalb zusammen, weil wir eine gemeinsame Sicht der Zukunft Europas haben: ein Europa, dass viel näher an die Bürgerinnen und Bürger heranmuss. Gebietskörperschaften einerseits, Zivilgesellschaft und Sozialpartner andererseits sind die Kontaktebenen, mit denen man am besten an die Menschen herankommt."
Weniger als 80 Tage vor den Europawahlen haben zwei große EU-Repräsentanten ihre Sicht auf Europa in Eupen dargestellt. Trotz aller Salvinis und Orbans, trotz Brexits und vieler nationalistischer Tendenzen sind sie überzeugt, dass es einen Weg aus der Krise geben muss. Die entscheidende Rolle dabei werden die Bürger spielen.
Thema am Abend
Ein Gespräch über Europa sendet BRF1 am Montag ab 18:40 Uhr im Thema am Abend. Rudi Schroeder hat den Präsidenten des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, Luca Jahier, über die EU, ihre Institutionen, über den Brexit, die Flüchtlingsfragen und vieles mehr befragt.
rs/km