Die Schluss-Szene: Wolfgang und Abelle sind auf der Flucht. Die jungen Verliebten kämpfen sich durch gefährliches sumpfiges Gelände. Regisseur Stéphane Xhroüet ist begeistert. Die Szene ist im Kasten und damit auch die Bilder für seinen Kurzfilm: "Wir sind gerade fertig geworden, und ich bin so froh. Das war der schönste Dreh meines Lebens. Ich liebe diese Region. Ich glaube, wir kommen auch für den Spielfilm hierher. Es ist einfach zu schön hier."
Der tragische Tod zweier Verlobter im Hohen Venn hat Stéphane Xhroüet zu dem Filmprojekt inspiriert. Unweit von Baraque Michel sollen sie sich im Winter 1871 verirrt haben und im Schnee umgekommen sein - auf dem Rückweg von Xhoffraix, wo die Braut ihre Hochzeitspapiere abgeholt hatte. Schon als Kind hat diese Geschichte den Brüsseler Regisseur fasziniert: "Wir sind früher mit Freunden hierher gewandert. Wir waren eine ganze Bande. Zum Mittagessen machten wir ein Feuer am Kreuz der Verlobten - das durfte man damals noch. Und dann hat man mir immer diese Geschichte erzählt. Ich fand das erschütternd: Diese jungen Verlobten, die starben, bevor sie ihre Liebe ausleben konnten."
Für seinen Kurzfilm hat Xhroüet zwei Jungschauspieler verpflichtet: Juliette Halloy aus Louvain-la-Neuve und Dennis Hofmeister aus Berlin. Der 13-Jährige spielt bereits seit seinem achten Lebensjahr in Filmen und Serien mit. Er ist zum ersten Mal in Belgien: "Ich spiele seit ich acht bin, Werbung, Filme, Serien. Es macht immer wieder Spaß zu drehen. Ich kann kaum ein Wort Französisch. Man lernt mit der Zeit ein bisschen."
Geschichte abgewandelt
Die Geschichte vom Kreuz der Verlobten wird im Film abgewandelt und spielt zur Zeit des Ersten Weltkrieges. Abelle aus Belgien und Wolfgang aus Deutschland wachsen zusammen auf einem Bauernhof in den Ardennen auf. Nach dem Einfall Deutschlands fliehen sie und verirren sich im Schnee. Für die Erwachsenen-Rollen hat Stephan Xhroüet bereits die Zusagen zweier renommierter Schauspieler: Marie Gillain und Ulrich Tukur: "Abgesehen davon, dass er ein fabelhafter Schauspieler ist, finde ich , dass er eine weiche und eine harte Seite hat. Das werden wir herausarbeiten. Er hat das richtige Alter, eine Klasse einer Art deutscher Adel. Und Marie Gillain - das war ganz klar für mich, weil sie aus Lüttich kommt. Sie kennt diesen Akzent, die Menschen auf dem Land, die Ardennen."
Im Sommer sollen die Dreharbeiten für den Kinofilm beginnen. Geplant sind weitere Filmaufnahmen im Herbst und Winter. Das Venn wird dann wieder ein Hauptdrehort sein, so Regisseur Xhroüet: "Ich fand es unvorstellbar, dass man im Venn sterben konnte. Jetzt bin ich seit zehn Tagen hier und kann es verstehen. Diese Natur ist vollkommen intakt geblieben. Ich glaube, das ist der einzige Ort in Belgien, der geblieben ist wie im 18. Jahrhundert. Es macht wirklich Spaß, hier zu filmen."
Vorerst sind die Dreharbeiten in der Region zu Ende. Mit dem Kurzfilm hofft das Filmteam nun die Geldgeber zu überzeugen und bald wiederzukehren für Aufnahmen zu "Deux enfants du siècle" ("Zwei Kinder des Jahrhunderts").
Michaela Brück