Aufgewachsen ist Till Baumann in Neidingen bei St. Vith. Mittlerweile hat er schon mehrere Weltmeere erforscht. Dass er aufs Meer möchte, stand für ihn früh fest. "Ich fand Wasser immer faszinierend. Auch, als ich hier in der Eifel gewohnt habe, habe ich angefangen mit Windsurfing, wo wir nach Holland an die Nordsee gefahren sind", erzählt er im BRF-Interview.
"Fürs Studium wollte ich dann näher an die Küste. Es war für mich eine relativ eindeutige Entscheidung, dass ich gerne was mit dem Meer zu tun haben wollte und Physik hat mir auch ganz gut gefallen." Perfekte Voraussetzungen für die Meereskunde. Das Bachelor- und Masterstudium hat Till Baumann in der Hafenstadt Kiel absolviert. Nun ist er Doktorand in Fairbanks, der zweitgrößten Stadt von Alaska mit gerade einmal 20.000 Einwohnern.
Große Städte reizen den 27-Jährigen nicht, das Meer dafür umso mehr. Als Ozeanograf misst er Temperatur, Salzgehalt und Strömungen der Ozeane – und das schon auf mehreren Expeditionen. "Die allererste war im tropischen Atlantik, das war sehr angenehm. Wir sind von der Karibik über den Atlantik zu den kapverdischen Inseln und haben dort den Stand des Atlantiks erfasst, wie der tropische Atlantik sich über die gesamte Breite verhält."
"Da waren andere Expeditionen. Eine ging vom Indischen Ozean um Südafrika herum nach Namibia, um zu gucken, wie sich der Austausch zwischen Indischem Ozean und Atlantik verhält. Dann hat es mich immer weiter nach Norden verschlagen. Und jetzt bin ich in der Arktis unterwegs."
Internationales Team
Auch seine letzte Reise führte Till in die Arktis, für ihn schon das zweite Mal. Vor nicht einmal zwei Wochen war Till noch auf dem 130 Meter langen Eisbrecher, gemeinsam mit Wissenschaftlern aus der ganzen Welt. "Wissenschaftler aus sechs Ländern waren da, hauptsächlich Amerika, Kanada, Deutschland und natürlich Russland. Und wir hatten auch Norweger und Koreaner an Bord. Es war ein sehr internationales Team mit ungefähr 45 Wissenschaftlern an Bord. Der Rest war Crew."
Los ging die Forschungsreise in Norwegen. Über Russland ging es dann in die ostsibirische Arktis. Das Eis ist dort ein bis zwei Jahre alt und einen Meter dick. Neben Eis kann man in der Arktis mit etwas Geduld auch Robben und Eisbären sehen. Der arktische Sommer bietet aber auch stundenlange Dämmerungen – wenn die Sonne überhaupt untergeht.
Doch im Polargebiet herrscht auch im Sommer Kälte. "Als wir losgefahren sind, in Norwegen, war es schön warm. In der Arktis selber war es meistens um den Gefrierpunkt, zwischen minus zwei und plus zwei Grad, was ein bisschen unangenehm ist. Aber so ist das nun mal."
Die Kälte nimmt Till in Kauf. Denn im arktischen Gebiet gibt es viel zu erkunden, vor allem was Klimaforschung angeht. "Die Arktis verändert sich sehr schnell mit der globalen Klimaveränderung. Da gibt es die sogenannte arktische Amplifikation: Die Arktis erwärmt sich zwei bis drei Mal so schnell wie der Rest des Planeten. Und das hat großen Einfluss auf das Gesamtklima. Da gilt es, genau zu verstehen, was da vonstatten geht und welche Auswirkungen das hat auf den Rest der Welt."
"Der Klimawandel ist schon hier"
Die globale Erwärmung hat bereits Folgen. Daran gibt es für den Forscher keine Zweifel. "Der Klimawandel ist schon hier. Gerade in Alaska werden auch schon Ortschaften umgesiedelt, weil der Permafrost schmilzt und Küstenerosion weiter voranschreitet. Das Klima verändert sich und der Ozean ist eine treibende Kraft dahinter."
Die Ozeane zu verstehen, ist eine Wissenschaft für sich. Auch Tills ehemaliger Physiklehrer von der Bischöflichen Schule konnte beim Vortrag im Café Trottinette noch dazu lernen. "Ich fand, er hat das sehr gut erklärt. Er hat sehr komplexe Zusammenhänge wirklich für jeden zugänglich gemacht, das fand ich sehr interessant. Und ich habe auch einiges Neues gelernt, obwohl ich vom Fach bin."
Bis alle Ergebnisse der Arktisexpedition da sind, dauert es noch Monate, vielleicht Jahre. So riesig ist der Datenschatz, der gesammelt wurde. Till Baumann wird nächstes Jahr vorerst seinen Doktor in Alaska absolvieren. Wohin es ihn dann verschlägt, steht noch in den Sternen.
Raffaela Schaus